Lomonossow ist Mitte des 18. Jahrhunderts der Meinung, dass die russische Wissenschaft viel zu stark von ausländischen Wissenschaftlern dominiert wird. Nicht ohne Grund hat er deshalb als Standort für die neue Universität Moskau gewählt. In dieser, im Vergleich zur Hauptstadt des Zarenreiches Sankt Petersburg, viel „russischeren“ Metropole, kann er die Idee einer Universität für die eigenen Landsleute ungestörter umsetzen.
Um Russisch als Unterrichtssprache zu etablieren, veröffentlicht er im Jahre 1757 eine moderne Grammatik des Russischen. Die Schriftsprache wird damit grundlegend reformiert, denn bis dahin gab es keinen Standard, welche Wörter zum Kirchenslawisch gehören, was als umgangssprachlich galt, was im bürgerlichen Umgang miteinander und was als angemessener Ausdruck in wissenschaftlichen Abhandlungen verwendet werden konnte. Lomonossow vereinigt das Kirchenslawisch mit der Umgangssprache der einfachen Leute, vereinfacht hier und da und setzt so einen Mittelweg aus beiden Sprachen zu einem effektiven Schreibstil um. Zudem müssen zahlreiche technische und naturwissenschaftliche Begriffe übersetzt werden, um das Russische als moderne Sprache zu nutzen.
Lomonossow kommen bei der philologischen Revision und Neuordnung der Sprache seine Kenntnisse in Latein, Griechisch, Deutsch und Französisch zu Hilfe, aber auch seine lange Erfahrung als Dichter und Poet. Schon als Kind hatte er lateinische Kirchenpsalme auswendig gelernt, später als Student sich selbst der Dichtkunst hingegeben. Noch in Freiberg entwickelte er, inspiriert durch die Ideen des russischen Dichters Wassili Trediakowski und angelehnt an den Duktus des russischen Volksliedes, eine Verslehre mit neuem Metrum.
An der Akademie in Petersburg werden die Kollegen anfangs vor allem durch seine Oden auf ihn aufmerksam, die er beispielsweise der Zarin widmet. Elisabeth I. war so von seiner Poesie beeindruckt, dass sie ihn bereits 1750 darum bat, zusammen mit Trediakowski Schauspiele für das neue Nationaltheater zu verfassen.
Zurzeit Lomonossows hat die Dichtkunst in Russland nur wenig mehr als eine rein unterhaltende Bedeutung. Man vertreibt sich die Zeit damit und entspannt sich von schwerwiegenderen Dingen. Lomonossow selbst sieht seine Gedichte als praktische und öffentliche Form an, mit der er seinen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Überlegungen Ausdruck verleihen kann. Bestes Beispiel für diese Auffassung ist seine „Abendbetrachtung über die Größe Gottes aus Anlass eines großen Nordlichtes“. In Versform fragt er darin nach den Ursachen des Polarlichts. Der Antwort, elektrische Aufladungen in der Atmosphäre, kommt er mit seinen Forschungen zur Elektrizität ziemlich nahe:
"Wodurch entsteht bei Nacht dies Licht?
Wer schlägt's empor zum Firmament?
Wie kommt's, dass ohne Wolkenschicht
Des Blitzes Flamme dort entbrennt?
Gebiert der Elemente Kampf
Denn Feuer aus gefrornem Dampf?
Liegt schwer dort Nebel übern Meer?
Bricht sich der Sonne Licht im Dunst
Der Atmosphäre um uns her?
Tobt dort auf Bergen Feuersbrunst?
Schlägt, weil der Zephyr ging zur Ruh,
Der Wellen Strom den Äther zu?"
Stand: 28.07.2006