Phänomene

Im Schatten des Eisbergs

B-15 gefährdet marines Leben

Eisberge in der Antarktis haben eine lange Lebens- und Verweildauer. Durch die um den Südpols kreisende Meeresströmung, dem Zirkumpolarstrom, angetrieben driften die eisigen Riesen über viele Jahre hinweg im Uhrzeigersinn rund um den Südpol. Immer wieder werden sie dabei vom Packeis eingeschlossen und schmelzen nur sehr langsam. Mit einer Mächtigkeit von durchschnittlich 250 Metern, wovon nur etwa 40 Meter aus dem Meer herausragen, bilden sie eine fast unumgängliche Eisbarriere – auch für Adelie-Pinguine.

Adelie-Pinguine © NOAA

Die Tragödie, die sich für die kleinen Frackträger in den vergangenen antarktischen Sommermonaten im Rossmeer ereignete, begann bereits im März 2000. Damals brach ein 10.000 Quadratkilometer großer Eisberg mit der wissenschaftlichen Bezeichnung B-15 vom Ross-Schelfeis im Rossmeer ab. Dieser blockiert nun schon seit Jahren zusammen mit anderen, kleineren Eisbergen den McMurdo-Sund und schneidet die einheimischen Pinguine von ihren Brutgebieten ab. Die Meeresvögel müssen nun Jahr für Jahr anstatt zu schwimmen den kräftezehrenden Umweg per Pedes zu ihren Nistplätzen in Kauf nehmen. Ein lebensgefährliches Unterfangen, denn ohne den Schutz des Wassers sind die ohnehin erschöpften Tiere auch den täglichen Angriffen hungriger Raubmöwen wehrlos ausgeliefert.

Ohne Licht kein Leben

Spätfolgen des gekalbten Eisbergs B-15 sind aber auch bei den Kleinstlebewesen unter Wasser zu beobachten. Satellitenaufnahmen der NASA zeigten, dass der immense Eisabbruch die Algenblüte in den folgenden Jahren reduzierte. Jedoch steht gerade diese Phytoplanktonblüte am Beginn der marinen Nahrungskette. 40 Prozent weniger Algen bedeuten daher viel weniger Kleinstlebewesen und ohne diese fehlt auch den übrigen Meeresbewohnern die Nahrungsgrundlage. Dabei gehört gerade das Rossmeer eigentlich zu der biologisch produktivsten Region des Südpolarmeeres.

Doch wie im Falle von B-15 können gewaltige Eisberge das biologische Gleichgewicht empfindlich stören. Normalerweise wird das Packeis durch drehende Winde im antarktischen Frühsommer auf das offene Meer hinausgetragen und hinterlässt freie Wasserflächen. Die großen Eisberge jedoch schaffen eine Art Blockade und führen so zu einer im Frühjahr und Sommer ungewöhnlich starken Packeisbedeckung. Die Algen brauchen aber freies Wasser, um genügend Sonnenlicht für ihr Wachstum zu tanken. Bleibt das Rossmeer mit Eisbergen und Packeis bedeckt, verringert sich die Produktivität des Phytoplanktons und die anschließende Nahrungskette bricht nach und nach zusammen.

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Stand: 22.09.2003

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