Verheerende Überschwemmungen, Klimawandel, abgetragene und ausgelaugte Böden, gigantische Felsstürze sind einige der dramatischen Folgen des Kahlschlags in den Wäldern des Himalaya.
Der unter anderem von der International Campaign for Tibet und der Tibet Initiative Deutschland herausgegebene Umweltbericht 2003 (State of the Environment 2003) kommt zu dem Schluss: „Es besteht kein Zweifel, dass die Abholzung zum Anstieg der Sedimente in den Flüssen und zum Verlust von Speicherkapazitäten in den Quellgebieten der Flüsse führt. Entwaldung kann ebenfalls den Lauf der Flüsse verändern und Überschwemmungen hervorrufen.“
„Land unter“ als Regelfall
Doch warum sind der Raubbau am Wald und die Zerstörung der Pflanzendecke so fatal? Verantwortlich dafür ist ein kompliziertes Wirkungsgeflecht im und am Boden. Immer dann, wenn die Wurzeln von Kiefern, Wacholder oder Gras den Boden nicht mehr zusammenhalten und sich zudem die Bodenstruktur ändert, kann die Erde auch weniger Wasser aufnehmen und wird zudem leichter abgetragen. Die fehlende Wasserverdunstung über die Blätter nach Abholzung der Bäume trägt noch weiter zur Erhöhung der Bodenfeuchte bei.
Bei heftigen und ergiebigen Niederschlägen schießen daher große Wassermengen unkontrolliert zu Tal und lösen dabei Muren und zum Teil gewaltige Hangrutschungen aus. Diese zerstören nicht nur fruchtbare Äcker und Weideflächen am Fuß der Berge, das Geröll und der Schlamm „verstopfen“ auch die Flüsse und Bäche. Verheerende Überschwemmungen sind dann nicht mehr zu verhindern.
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Immer häufiger von Hochwasser betroffen sind aber auch weit vom Himalaya entfernte Regionen Südasiens. So meldete Bangladesch beispielsweise im Jahr 1988 für 80 Prozent seiner Fläche „Land unter“. Schuld daran war auch hier wenigstens zum Teil das Sterben der Wälder an der Südseite des Himalayas und in Bangladesch selber.
Da die von Bäumen befreiten Böden Regen nur noch in geringem Maße aufnehmen können, gelangt viel mehr Wasser „auf einen Schwung“ in die Flussgiganten Ganges und Brahmaputra. Die Flutwellen bahnen sich ihren Weg Richtung Ozean und sorgen dabei für Rekordwerte an den Hochwasserpegeln.
Wärmehaushalt des Tibetischen Plateaus gestört
Doch Hochwasser ist nur ein Glied in der Kette der Abholzungsfolgen. „Zusätzlich zur Verschlammung, Verschmutzung und Überflutung der zehn größten Flüsse, welche China und Südasien mit Wasser versorgen und die Lebensgrundlage für 47 Prozent der Weltbevölkerung bilden, regelt die Vegetation Tibets auch den Wärmehaushalt des Plateaus“: Zu diesem Schluss kommt das Department for Information und International Relations der tibetischen Regierung im Exil in seinem Umweltreport „Tibet 2000: Umwelt- und Entwicklungsfragen“.
Der Umweltreport hält deshalb sogar einen Klimawandel in der Großregion für möglich, der unter anderem das rechtzeitige Einsetzen des Monsuns gefährden könnte. Beim Ausbleiben dieses saisonalen Regens ginge dann Ländern wie Indien die wichtigste Niederschlagsquelle verloren.
„Entwaldung zieht auch unausweichlich Desertifikation nach sich: Im Gegensatz zur Überflutung verringert diese die Wassermenge der Flüsse – ein Phänomen, das bereits in den neunziger Jahren bei dem Gelben Fluss in China sichtbar war, als er mehrere Male austrocknete und Fließvolumen insgesamt einen Abfall um 23 Prozent verzeichnete“, fasst Tibet 2000 weitere Auswirkungen des Raubbaus zusammen.
Stand: 16.09.2005