Lebensräume

Goldalgen

Schön, aber gefährlich

Goldalge Dinobryon © Cytographics Pty Ltd

Ihr Anblick kann einen schon in Erstaunen versetzen, wenn man die zarten, ästhetischen Gebilde unter dem Mikroskop zum ersten Mal sieht. Gold schimmernd und fragil gleichen sie winzigen Kunstwerken. Ihre Gehäuse aus Zellulose und Pektin sind bei der Gattung Dinobryon zum Beispiel wie winzige glockenförmige Vasen symmetrisch ineinander gesteckt. Aber längst nicht alle sind so gesellig. Im Gegenteil: die meisten Goldalgen leben einzeln und schieben sich mithilfe ihrer zwei unterschiedlich langen Geißeln durch das Wasser.

Doch der idyllische Schein trügt. Zwar können Goldalgen durchaus Photosynthese betreiben und so ihren Energiebedarf decken. Doch wehe, das Licht fehlt. Dann entpuppen sich die scheinbar harmlosen Mikroorganismen als gefährliche Räuber. Weder Bakterien noch Kieselalgen sind dann vor ihnen sicher.

Die einzellige Alge Prymnesium parvum hat diese Fähigkeit soweit optimiert, dass sie inzwischen bei Fischzüchtern gefürchtet ist. Anstatt als Nahrung für andere Einzeller wie Geißeltierchen zu dienen, dreht die Alge den Spieß einfach um. Sie produziert ein schnell wirkendes Gift, das ihre Feinde tötet und frisst sie anschließend auf.

Vorsicht giftig!

„Die von Prymnesium ins Wasser abgegebenen Gifte greifen offensichtlich die Zellmembran anderer Einzeller an. Es setzt ein Prozess ein, bei dem die Zelle zuerst ihre Beweglichkeit verliert, dann ihre Form, und letztendlich vollständig zerfällt“, erklärt Urban Tillmann vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut.

„Dermaßen befreit von jeglicher Fraßkontrolle kann Prymnesium zu enormen Dichten heranwachsen. Ganze Horden von Algen machen sich so über die dreimal größeren Leichen von Geißeltierchen her und verzehren sie Stück für Stück. Zum einen werden Fressfeinde eliminiert, zum anderen werden aus deren Zellen noch Energie und Nährstoffe für das eigene Wachstum gewonnen.“ Das Gift der hauptsächlich im Brackwasser vorkommenden, weltweit verbreiteten Alge wirkt sogar auf Fische tödlich.

Vor allem in Dänemark, Japan und Texas sind Goldalgenblüten in den letzten Jahren vermehrt in Fischzuchten zum Problem geworden. Als Folge der Massenvermehrung herrscht häufig ein Mangel an Sauerstoff im Wasser, den die Fische zum Überleben brauchen. Dies gilt besonders während der Nacht, wenn die Algen ihren Stoffwechsel auf Atmung umstellen. Entsetzen machte sich breit, als eines morgens plötzlich zahlreiche Fische mit dem Bauch nach oben an der Oberfläche trieben. Zwar wurden die Fische eingesammelt und entsorgt, aber am nächsten Morgen wiederholte sich das gleiche Spiel. Die Züchter waren in Sorge, denn das Phänomen machte nicht nur Arbeit, sondern kostete auch richtig Geld. Daher musste schnell die Ursache für das Fischsterben gefunden werden. Erst ein Blick in den Wassertropfen aus einem der Gewässer brachte Klarheit. Im Wasser wimmelte es nur so von der gefürchteten Goldalge.

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Stand: 15.04.2005

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Leben im Wassertropfen
Ein Kosmos für sich

Bakterien
Unerlässlich für Mensch und Natur

Cyanobakterien
Bindeglied zwischen Bakterien und Pflanzen

Goldalgen
Schön, aber gefährlich

Diatomeen
Lebende Fossilien

Euglenophyta und Dinophyta
Einzeller mit effektiven Verteidigungsstrategien

Grünalgen und Jochalgen
Kolonieleben mit Arbeitsteilung

Zooplankton
Der Zoo unter der Lupe

Wasserflöhe
Krebse im Miniformat

Überlebenskünstler
Anpassung an widrige Umweltbedingungen

Zeigerorganismen
Artenvielfalt sagt Wassergüte voraus

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