Manchmal ist der Mensch jedoch auch direkt für das Artensterben in der Taiga verantwortlich. Waren es über Jahrzehnte die Fallensteller und Pelztierjäger, die im großen Maßstab in der Natur ihr Unwesen trieben, sind es heute Wilddiebe, die die biologische Vielfalt unter den Tieren bedrohen. Besonders schlimm steht es dabei um den König der Taiga, den Sibirischen Tiger. Gerade mal 450 Exemplare hat der WWF im Rahmen einer groß angelegten Studie vor knapp zehn Jahren in der Amurregion Ostsibiriens nur noch gezählt. Tendenz fallend.
Denn Tiger sind vor allem in China als „Rohmaterial“ für diverse Pillen, Salben oder Pülverchen begehrt. Rund 200 Euro bringt beispielsweise ein Kilo Knochen im Reich der Mitte auf dem Schwarzmarkt. Ein einziger erlegter und nach China geschmuggelter Tiger sichert so den Lebensunterhalt einer sibirischen Familie auf Jahre hinaus. Kein Wunder, dass früher die Wilddieberei fast schon zum guten Ton gehörte und jährlich rund 50 Tiger illegal erlegt wurden. Dazu kamen weitere zehn, die als angebliche Menschenfresser ihr Leben lassen mussten.
Seit Jahren bemühen sich Umweltschutzorganisationen wie der Woldwide Fund for Nature (WWF) oder die Wildlife Conservation Society (WCS) um den Erhalt der Tiger und anderer gefährdeter Tier- und Pflanzenarten wie Bären oder Ginseng. Den Ausverkauf der Natur konnten sie zwar mildern, aber bis heute nicht endgültig zum Stillstand bringen.
Zwar wurden in vielen Regionen Schutzgebiete für bedrohte Tierarten angelegt, doch fehlt es meist an geschultem Personal, um die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren und den Schmugglerbanden auf die Schliche zu kommen. Was den Tigerschutz angeht, haben sich in den letzten Jahren Antiwildererbrigaden bewährt. Die meist bis zu fünf Personen starken Gruppen verfolgen die Fährten der wenigen verbliebenen Tiger und versuchen so Wilddiebe in freier Wildbahn aufzuspüren. Auch den illegalen Holzeinschlag sollen sie dabei mit eindämmen.
Nicht zuletzt deswegen hat sich der Bestand an fortpflanzungsfähigen Tigerweibchen nach Angaben von Umweltschützern mittlerweile wieder bei rund 200 Exemplaren eingependelt. Eine Gewähr für das dauerhafte Überleben der Art ist das allerdings nicht.
Viele Bewohner in der Amurregion sind laut WWF so arm, dass sie darauf angewiesen sind, sich direkt aus der Natur zu bedienen. Indem sie Wildschweine oder Hirsche dezimieren – die natürliche Beute der Tiger -, gefährden sie so auch das dauerhafte Überleben der Großkatzen.
Stand: 20.06.2003