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Risikofaktor Bodenschätze

Fördertürme und Minen bedrohen borealen Nadelwald

Borealer Nadelwald © Boreal Forest Network

Schauplatz Tura im Herzen Sibiriens. Hier in dieser Region jenseits des riesigen Stroms Jenissei und rund 1.000 Kilometer nordwestlich des Baikalssees leben noch rund 20.000 Ureinwohner Sibiriens aus dem Volk der Ewenken. Ruhig, beschaulich und eintönig ist es in der Region. Das Leben geht seinen gewohnten Gang. Was die Regierung im fernen Moskau plant und tut, interessiert hier kaum jemanden.

Doch das könnte sich schon bald ändern. Denn im riesigen Stammesgebiet der Ewenken, das mehr als doppelt so groß ist wie Deutschland, hat man riesige Erdöllagerstätten entdeckt. Der russsische Ölmulti Yukos macht sich nun daran, diese Rohstoffreserven auszubeuten und steckt mehrere Milliarden Euro in modernste Technologie, um das Öl aus dem tief gefrorenen Boden der Taiga zu holen. Sprudeln soll dabei nicht nur das schwarze Gold, sondern auch der Gewinn für die Ölgesellschaft.

Taigaöl für China?

Die Abnehmer für das Taigaöl, von dem spätestens ab 2005 jährlich rund acht Millionen Tonnen fließen sollen, stehen bereits Schlange. Allen voran Chinas boomende Wirtschaft verlangt nach immer mehr von den wertvollen fossilen Brennstoffen. Bei Yukos rennen die in Russland sonst eher ungeliebten Machthaber aus dem Reich der Mitte offene Türen ein. Geplant ist sogar der Bau einer neuen Pipeline, damit das Öl schnell und problemlos an die Bestimmungsorte in China gelangen kann.

Durch Öl entstandene Umweltschäden © Boreal Forest Network

Russische NGOs, aber auch internationale Umweltorganisationen, sehen den bevorstehenden Ölboom jedoch mit einigem Unbehagen. Zwar bietet sich möglicherweise für die Ewenken eine Chance von den erwarteten horrenden Gewinnen zu profitieren und die Infrastruktur in der Region zu verbessern. Die Umweltschützer befürchten aber auch eine ähnlich gigantische Umweltkatastrophe wie bei der Ausbeutung der Ölvorräte Westsibiriens. Schlamperei und Unfälle in den Förderfeldern oder leckende Pipelines haben dort dafür gesorgt, dass große Gebiete mit Erdöl verseucht sind und so zum Teil irreparable Umweltschäden entstanden sind.

Doch der Lebensraum der Ewenken ist längst nicht die einzige Taigaregion, in der Bohrtürme oder Minen wie Pilze aus dem Boden schießen. Neben Erdöl und Erdgas werden in Sibirien bereits Rohstoffe wie Kohle, Eisenerz, Gold, Platin, Diamanten oder Wolfram gefördert, andere Lagerstätten warten noch auf ihre Ausbeutung.

Die Folgen dieser Bergbautätigkeiten sind zum Teil verheerend. Neben dem Verlust der reinen Waldflächen beklagen Umweltschützer vor allem die Luftverschmutzung und die Verseuchung von Flüssen, Seen oder Sumpfgebieten mit toxischen Substanzen. So werden beispielsweise in den Minen noch immer große Mengen an Natriumzyanid oder Quecksilber zum Extrahieren der Rohstoffe verwendet. Geraten die damit kontaminierten Abwässer ungefiltert in die Flüsse, ist eine schwere Umweltkatastrophe meist nicht mehr zu verhindern.

Wozu das im Extremfall führen kann, zeigte vor einiger Zeit das Beispiel Rumänien. Beim Unglück am 30. Januar 2000 in der rumänischen Goldmine „Aurul“ in Baia Mare im Nordwesten des Landes flossen damals rund 100.000 Kubikmeter zyanidhaltige Abwässer in die Theiß. Die Giftflut sorgte für ein schlimmes Fischsterben und Trinkwasseralarm entlang von Theis und Donau.

Wende oder Ende?

Trotz aller Probleme und Umweltzerstörungen ist die Taiga in vielen Regionen bis jetzt noch eine unberührte Wildnis geblieben. Natur pur, die zudem heute und in Zukunft eine große Bedeutung für das Weltklima hat. Wissenschaftler haben festgestellt, dass der boreale Nadelwaldgürtel der Atmosphäre jährlich rund 2,6 Milliarden Tonnen CO2 entzieht. Die gigantische Kohlenstoffsenke Taiga wirkt damit dem Treibhauseffekt entgegen und mildert den Klimawandel deutlich ab.

Doch vielleicht schon nicht mehr lange, denn aus dem Kohlenstoffspeicher könnte – so scheint es – vielleicht schon bald eine Kohlenstoffquelle werden. So lautet jedenfalls das Resumee des Gesamtwaldberichts der rotgrünen Bundesregierung im Juli 2001: „Waldbrände, Luftverunreingungen und konzentrierte Kahlschläge könnten jedoch die borealen Wälder in absehbarer Zukunft vom Kohlenstoffspeicher in eine nicht unbedeutende Kohlenstoffquelle umwandeln, so dass dann mit einer Erhöhung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre zu rechnen ist. Dies hätte eine Verstärkung des Treibhauseffektes zur Folge.“

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Stand: 20.06.2003

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Taiga
Vom Naturparadies zum Krisengebiet?

Facts
Das Wichtigste in Kürze

Das grüne Band der Nordhalbkugel
Die Taiga

Taiga ist nicht gleich Taiga
Gigantisches Puzzle aus zahlreichen Einzelbausteinen

Molekulare Kneippkur oder Winterstarre?
Überlebensstrategien von Tieren und Pflanzen

Triumph der Feuchtgebiete
Taigamoore als Kohlenstoffspeicher

Artensterben und Versumpfung
Klimawandel bedroht die Taiga

Showdown für den König der Taiga?
Tigerhatz in Ostsibirien

Flammenhölle Taiga
Steigt die Waldbrandgefahr?

Papier aus der Taiga
Gefahr durch Holzeinschlag

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