Den Anfang machten 1997 ausgerechnet Küchenschaben: Forschern der Universität Tokio war es in einem aufsehenerregenden Experiment gelungen, die Bewegungen der ungeliebten Krabbeltiere durch computergenerierte Signale zu beeinflussen. Indem sie die motorischen Neuronen der Schaben mit einem Mikroprozessor verbanden und gezielt reizten, brachten die Wissenschaftler die Tiere zum Springen oder Laufen – ob diese nun wollten oder nicht.
So belustigend dieses Ergebnis auf den ersten Blick erscheint – es markierte einen entscheidenden Durchbruch bei der Suche nach technischen Hilfsmitteln für Menschen mit motorischen oder neurologischen Störungen. Des gewaltigen Potentials der Computertechnologie in diesem Gebiet waren sich Wissenschaftler schon lange bewusst, doch es haperte an der Umsetzung. Erst mit der immer weiter fortschreitenden Miniaturisierung und Verbesserung von Mikrochips und anderen computerunterstützten Bauteilen wurde die Voraussetzung für die direkte Verbindung von Körper und Computer geschaffen.
Erste Erfolge ließen nicht lange auf sich warten: Viele Arm- oder Beinamputierte können inzwischen mithilfe von „intelligenten“ Prothesen einfache kontrollierte Bewegungen mit ihren künstlichen Gliedmaßen ausführen. Integrierte Mikrochips in der Prothese leiten Nervenimpulse aus dem verbliebenen Extremitätenstumpf ab und „übersetzen“ diese Signale in digitale Befehle für die Elektromotoren der Prothese.
Im Jahr 1995 gelang es Peter Fromherz und seinen Forscherkollegen vom Max-Planck Institut für Biochemie in München erstmals, eine in beiden Richtungen funktionierende Verbindung zwischen einer Nervenzelle und einem Siliziumchip herzustellen. Damit war auch für anspruchsvollere Mensch-Maschine-Interaktionen ein erster kleiner Schritt getan.
Heute kann „Cyborg-Technologie“ bereits bei einigen Behinderungen helfen: Cochlea-Implantate lassen Ertaubte wieder hören, Mikrochips im Gehirn lindern die Symptome der Parkinsonkrankheit und die ersten Implantate von Minicomputern, die bei Blinden die nicht mehr funktionierende Netzhaut ersetzen sollen, werden getestet. Die Liste der Behinderungen, bei denen in Zukunft Neuroimplantate die Funktionen des ausgefallenen oder beschädigten Körperteils oder Sinnesorgans übernehmen könnten, scheint immer länger zu werden.
Selbst vor technischen „Ersatzteilen“ im Gehirn schrecken die Mediziner heute nicht mehr zurück: Forscher der amerikanischen Emory Universität pflanzten kürzlich einem vollständig gelähmten Schlaganfallpatienten einen Chip ins Gehirn, der es diesem ermöglicht, nur mithilfe seiner Gedanken einen Cursor auf einem Computerbildschirm zu steuern.
Mit diesem und ähnlichen Versuchen ist die Vision des Kybernetik-Pioniers Norbert Weiner in greifbare Nähe gerückt. Er sagte schon in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts die Entwicklung von „Nervenprothesen“ voraus, technischen Hilfsmitteln, die es Menschen mit Rückenmarksverletzungen erlauben würden, ihre gelähmten Gliedmaßen direkt über Signale ihres Gehirns zu kontrollieren. Noch ist dieses Ziel nicht ganz erreicht, auch die Mikrochips können Lahme bisher nicht wieder zum Gehen bringen. Doch nach Ansicht von Warwick und seinen KI-Forscherkollegen ist dies wohl nur eine Frage der Zeit…
Stand: 20.05.2002