Seit April 1998 zirkuliert ein Papier in den USA, das in wissenschaftlichen Kreisen für erheblichen Aufstand sorgte. Grundsatzartikel und Unterschriftensammlung zugleich, erklärte die „Oregon Petition“ nicht nur die Unschuld des Menschen am Klimawandel, sondern schien gleichzeitig zu beweisen, dass die steigende Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre sogar positive Auswirkungen unter anderem auf das Pflanzenwachstum weltweit haben würde.
Diesem scheinbar offiziell von der amerikanischen Akademie der Wissenschaften veröffentlichten Artikel war ein Brief von Frederick Seitz, einem ehemaligen Präsidenten ebenjener Institution vorangestellt, in dem er Forscher aus dem ganzen Land aufforderte, sich mit ihrer Unterschrift gegen die falsche Theorie vom anthropogenen Klimawandel und die daraus resultierenden erheblichen negativen Folgen für Wirtschaft und Technologie einzusetzen.
Kleiner Schönheitsfehler der Petition: Sie stammte keineswegs von der Akademie der Wissenschaften, sondern vom Oregon Institute für Science and Medicine (OISM), einer von Paul Robinson, einem Chemiker und aktiven Klimaskeptiker gegründeten privaten Forschungseinrichtung. Von ihm stammte auch der beigelegte Grundsatzartikel. Und auch Frederick Seitz drückte in seinem Begleitbrief keineswegs eine von der Akademie geteilte Ansicht aus, wie diese sich beeilte klarzustellen.
Dennoch hatten bis Juni 2000, zumindestens nach Angaben des OISM, immerhin 19.000 Wissenschaftler unterschrieben. Für Fred Singer, einen prominenten Klimaskeptiker, stellt dies „die größte Opposition von renommierten Wissenschaftlern gegen den Versuch dar, Wissenschaft zu Gunsten einer politischen Agenda umzustürzen.“
Die schiere Menge der Unterzeichner sorgte dafür, dass die Petition und ihr Ergebnis in allen wichtigen Zeitungen und Zeitschriften der USA ausführlich besprochen wurde und auch die im Artikel dargelegten „Fakten“ als aus glaubwürdiger Quelle stammend zitiert wurden. Doch was war wirklich dran an dieser angeblich so breiten Opposition?
Nicht viel, wie sich nur allzu schnell herausstellen sollte: Recherchen ergaben, dass nur wenige der angeblich so qualifizierten Unterzeichner überhaupt Wissenschaftler waren und von diesen wiederum nur die allerwenigsten Physiker, Klimatologen oder Meteorologen.
Und auch die Verfasser des scheinbar so wissenschaftlichen Artikels waren weder von Fach, noch war der Artikel durch die allgemein übliche Praxis der Begutachtung durch Fachkollegen gegangen – auch wenn beides durch Aufmachung und Stil impliziert wurde. Raymond Pierrehumbert, Atmosphärenchemiker der Universität Chicago kommentiert empört: „Die Petition ist wissentlich irreführend gestaltet, um den Eindruck zu erwecken, der Artikel, der voller Halbwahrheiten ist, sei ein Nachdruck einer geprüften wissenschaftlichen Veröffentlichung.“
Ein Einzelfall? Leider nicht. Es fällt auf, dass viele – wenn auch nicht alle – der eifrigsten Klimaskeptiker ihre angebliche Qualifikation betonen und Wert darauf legen, als rein wissenschaftliche Gegenstimme anerkannt zu werden. Gleichzeitig erscheinen ihre Artikel so gut wie nie in den wissenschaftlichen Fachmagazinen und entziehen sich damit einer echten wissenschaftlichen Prüfung…
Stand: 20.04.2002