Wo haben die „Amphibienkiller“ ihren Ursprung und auf welchen Wegen haben sie sich verbreitet? Ganz sicher wissen Forscher das immer noch nicht. Doch sie haben eine konkrete Spur: Im Fall des Chytridpilzes führt sie nach Afrika. Genanalysen zeigen, dass sich der Erreger dort bereits vor 10.000 bis 40.000 Jahren entwickelt haben könnte. Warum er erst seit vergleichsweiser kurzer Zeit zu so fatalen Ergebnissen führt, auf diese Frage lieferte ein Zufallsfund im Museum einen ersten Hinweis.
Dort fanden Wissenschaftler Spuren von Batrachochytrium dendrobatidis auf dem alten Exponat eines afrikanischen Krallenfrosches. Diese als „Apothekerfrosch“ bekannte Spezies wurde jahrzehntelang aus Südafrika in alle Herren Länder exportiert – seitdem Mediziner herausgefunden hatten, dass man die Tiere als eine Art lebendigen Schwangerschaftstest nutzen konnte. Injektionen mit dem Urin schwangerer Frauen lösen bei den Fröschen die Produktion von Eiern aus. Sie reagieren auf das Schwangerschaftshormon hCG, indem sie laichen.
Folgenreiche Testmethode
Diese Art der Schwangerschaftstests verbreitete sich ab den 1940er Jahren. Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, kündigten die Eier von Xenos laevis auf der ganzen Welt die Ankunft von Nachwuchs an. Doch mit den Fröschen verließ offenbar ein blinder Passagier den afrikanischen Kontinent. Untersuchungen zeigen: Der Krallenfrosch trägt den Chytridpilz auf der Haut. Gegen dessen tödliche Wirkung aber ist er immun.
Eine lange Phase der Koevolution mit dem Erreger hat der Art wahrscheinlich ermöglicht, sich anzupassen. Diese Chance hatten in Europa, Amerika, Asien und Australien heimische Amphibien nicht. Als der Pilz mit aus Terrarien entwischten Krallenfröschen plötzlich in die freie Wildbahn gelangte, wurde das Immunsystem vieler dort lebender Tiere gewissermaßen überrumpelt.
Einfallstor globaler Handel
Wie der Chytridpilz hat sich wahrscheinlich auch der Salamanderfresser dank des globalen Handels verbreitet. Genetische Analysen legen nahe, dass seine ursprüngliche Heimat in Asien liegt. Von dort könnte er mit für die Terrarienhaltung beliebten Spezies wie dem Japanischen Feuerbauchmolch nach Europa eingeschleppt worden sein. Vor allem in Ostasien heimische Schwanzlurche scheinen immun gegen den Erreger zu sein und sein natürliches Reservoir zu bilden, wie Forscher herausgefunden haben.
Der intensive Handel mit Amphibien ist jedoch nicht nur ein wesentlicher Verbreitungsweg der krankmachenden Pilze. Er könnte es auch sein, der die Erreger in jüngster Zeit so aggressiv gemacht hat. Rhys Farrer vom Imperial College London und seine Kollegen haben unterschiedliche Linien des Chytridpilzes miteinander verglichen und festgestellt: Erst durch die Rekombination zuvor getrennter Populationen des Erregers ist ein besonders virulenter Stamm entstanden.
Je häufiger der Mensch Amphibien von A nach B verschifft und über die ganze Welt verteilt, desto öfter können demnach theoretisch solche genetischen Veränderungen bei potenziell schädlichen Krankheitserregern entstehen – und desto gefährlicher werden sie womöglich.
Daniela Albat
Stand: 13.04.2018