Phänomene

Warum gerade Rentiere?

Der Weihnachtsmann und seine stillen Helfer

Während der Weihnachtsmann seinen umfangreichen Leib durch den Kamin zwängt, um im Haus die Geschenke zu verteilen und sich an Milch und Keksen zu laben, warten sie treu auf dem Dach: Die Rentiere. Das Bild vom Weihnachtsmann, der auf einem von Rentieren gezogenen Schlitten durch die Luft fliegt, ist weitverbreitet. Aber warum gerade Rentiere? Hätte der Weihnachtsmann nicht einfach Pferde vor seinen Schlitten spannen können, wie jeder andere auch?

Weihnachtsmann mit Rentieren © IMSI MasterClips

Angefangen hat der Weihnachtsmann überhaupt ganz anders. Als Papst Gregor im Jahre 354 den 25. Dezember offiziell zum Geburtstag Jesu erklärte und damit die heidnische Feier der Wintersonnenwende christianisierte, spielte der Weihnachtsmann noch keine Rolle für das Fest. Lange Zeit brachte das Christkind die Geschenke, die die Gaben der Heiligen Drei Könige symbolisieren. Erst im 19. Jahrhundert setzte sich der Weihnachtsmann zunächst in Norddeutschland durch.

Er entstand als eine Mischung des heiligen St. Nikolaus („Ich hab euch auch was mitgebracht.“) und dem eher negativ besetzten, strafenden Knecht Ruprecht („Seid ihr denn auch brav gewesen?“). Das erste Bild des Weihnachtsmannes entstand 1847, als Moritz von Schwind einen weißbärtigen, beleibten Mann mit langem Kapuzenmantel zeichnete: Herrn Winter. Herr Winter als Weihnachtsmann setzte sich zunehmend durch, vielleicht auch, weil er leichter in Schokoladenform zu pressen war, als das Christkind. Rentiere besaß er aber noch nicht.

Ein Besuch vom Nikolaus

Der Rentierschlitten tauchte erst im Jahre 1868 in einer Zeichnung im Harper’s Magazine auf. Aus Amerika stammt auch die Vorstellung, dass der Weihnachtsmann durch den Kamin in die Häuser steigt. In dem Gedicht „Ein Besuch vom Nikolaus“ von Clement Moore werden die Rentiere, die den Schlitten ziehen, erstmals schriftlich erwähnt. Möglicherweise wurden Rentiere einfach deshalb gewählt, weil sie als Zugtiere für Schlitten bei den Nomaden eine lange Tradition haben. Es gibt aber auch andere Theorien:

Rentier © IMSI MasterClips

Einige nordostsibirische Stämme (die Korjaken, Tschuktschen und Kamtschadalen) verehrten den großen Rentiergeist. Mithilfe von Fliegenpilzen, die als Sud oder in getrocknetem Zustand verzehrt wurden, konnten die Schamanen Kontakt mit diesem Geist aufnehmen. Ein polnischer Kriegsgefangener schilderte 1658 diese Gewohnheit: „(…) Sie essen gewisse Pilze, die wie Fliegenpilze aussehen und davon werden sie schlimmer betrunken als von Wodka, aber für sie ist das das schönste Bankett.“

Von den halluzinogenen Pilzen berauscht, „schwebte“ der Schamane durch das Rauchabzugsloch seiner Hütte in die Welt der Rentiergeister, aus der er Tänze, Geschichten und Lieder als „Geschenke“ für sein Volk mitbrachte. Ersetzt man nun den Rauchabzug durch einen Kamin und die Lieder und Tänze durch Barbie und Playmobil, ist man schon ziemlich nah dran am Weihnachtsmann.

Von geflügelten Rappen zu fliegenden Rentieren

Eine andere Theorie basiert auf einem muslimischen Wanderprediger namens Sari Saltuk. Die zahlreichen Legenden, die sich um diese Gestalt gebildet haben, decken sich teilweise mit Erzählungen vom Nikolaus in Europa. Vermutlich flossen in die Gestalt des Weihnachtsmannes Elemente dieses Wanderpredigers mit ein. Sari Saltuk gelangte schließlich auf dem geflügelten Pferd Ankabil nach Lappland, wo er unsterblich weiterlebt. Möglicherweise entstanden aus diesem geflügelten Rappen die fliegende Rentiere.

Aber egal, ob nun Moore als Professor für ostasiatische Sprachen eine seiner Lieblingslegenden der Korjaken in sein Weihnachtsgedicht einbaute oder ob Ankabil sich zum Rentier gewandelt hat, eines ist sicher: Ohne seine Rentiere wäre der Weihnachtsmann ganz schön aufgeschmissen.

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Stand: 17.12.2010

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