Forscher / Entdecker

Schliemanns Vermächtnis

Der Mann mit dem Spaten aus heutiger Sicht

Schliemanns Troja ist nicht das Troja Homers – und doch hat der Archäologe eine Siedlung entdeckt, die auf eine bewegte Geschichte zurückblickt. Vom mindestens 3.500 Jahre alten Urgrund bis zum Mittelalter unterteilen heutige Forscher den von Schliemann erstmals untersuchten Hügel in rund 50 verschiedene Siedlungsschichten. Der Ort hat nachweislich Brände und Erdbeben erlebt und auch Kriege gab es hier mehrfach.

Die Siedlung auf dem Hisarlik-Hügel blickt auf eine lange Geschichte zurück. © CherryX/ CC-by-sa 3.0

Tatsächlich ist es denkbar, dass das homerische Troja zwar nicht in der Schicht liegt, in der Schliemann es seiner Zeit vermutete, aber trotzdem mit einer der vielen Siedlungsschichten des Hügels identisch ist. Welche als der Schauplatz des trojanischen Krieges infrage kommt, ist jedoch umstritten – genauso wie viel grundsätzlichere Fragen: Wie bedeutend war die Siedlung auf dem Hügel Hisarlik? Wurde der trojanische Krieg tatsächlich um ebendiese Siedlung geführt? Und gab es den Krieg und ein Troja, wie Homer es beschreibt, überhaupt?

Artefakte von großem Wert

Wie groß der historische Kern von Homers Epen wirklich ist, ist für die Bewertung von Schliemanns Leistungen womöglich jedoch gar nicht von Belang: „Es mag sein, daß seine Voraussetzungen zu kühn, ja willkürlich waren, daß das bezaubernde Gemälde der unsterblichen Dichtung seine Phantasie zu sehr bestrickte, aber dieser Fehler des Gemüts (…) enthielt doch auch das Geheimnis seines Erfolgs. (…) Noch heute würde die gebrannte Stadt in der Verborgenheit der Erde ruhen, wenn nicht die Phantasie den Spaten geleitet hätte“, formulierte einst sein Zeitgenosse Rudolf Virchow.

Im Schliemann-Saal im Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin können Replikate der Funde des Archäologen bewundert werden. © Public domain

Denn klar ist: Unabhängig von ihrer zunächst falschen Einordnung sind Schliemanns Funde Artefakte von großem Wert. Bis heute zählen die Juwelen aus dem sogenannten Schatz des Priamos und die Goldmaske aus dem Grab in Mykene zu den bekanntesten Kleinoden aus der griechischen Frühzeit. Auch Schliemanns spätere Grabungen zeichnen sich durch interessante Funde aus. Unter anderem hat der Archäologe in Orchoemnos ein Kuppelgrab zutage befördert, in Tyrins einen mykenischen Palast freigelegt und auch in Troja weitere archäologische Relikte ans Tageslicht befördert.

Eintausend Jahre geschenkt

Durch diese Grabungstätigkeiten hat der Hobbyarchäologe einen großen Beitrag zur Wiederentdeckung vorklassischer Kulturen in Griechenland und Anatolien geleistet. Schließlich begann die griechische Geschichte noch im 19. Jahrhundert mit der ersten Nennung der Olympioniken im Jahre 776 vor Christus, wie der Althistoriker und Leiter des Heinrich-Schliemann-Museums in Ankershagen Reinhard Witte schreibt.

„Erst durch Schliemanns Ausgrabungen wurden Griechenland, wie ein Bonmot besagt, eintausend Jahre geschenkt“, so Witte. Tatsächlich ist Schliemann der Erste, der eine bronzezeitliche Siedlung außerhalb Ägyptens und Mesopotamiens ausgegraben hat. In Fachkreisen ist er heute als „Vater der mykenischen Kultur“ anerkannt.

Ein Grabmal für den Pionier: Schliemann-Mausoleum in Athen. © Public domain

Vom Amateur zum Pionier

Auch für die „Wissenschaft mit dem Spaten“, ein von Schliemann selbst geprägter Begriff, hat der Autodidakt beachtliche Verdienste erbracht. Zwar ging er bei seinen ersten Grabungen noch unnötig brachial vor. Doch im Zuge seiner späteren Forschungen sowohl in Troja als auch an anderen Grabungsorten lernte er methodisch dazu.

Schliemann führte dabei neue Methoden in der noch jungen Feldarchäologie ein, die bis heute Anwendung finden – darunter etwa die Voruntersuchung des Geländes durch Sondagen, die Beachtung der Schichtenfolge, die Suche nach dem Leitgestein der einzelnen Schichten sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaften. Anfangs noch als Amateur belächelt, gilt Heinrich Schliemann heute als ein Pionier der modernen Archäologie und der wissenschaftlichen Grabungstechnik.

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Daniela Albat

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Der Traum von Troja
Heinrich Schliemann - Autodidakt, Ausgräber und Entdecker

Vom Kaufmann zum Feldforscher
Schliemanns unkonventionelle Karriere

Auf den Spuren Homers
Die Suche nach dem sagenumwobenen Troja

Der Schliemann-Graben
Eine Schneise durch den Hisarlik-Hügel

Der "Schatz des Priamos"
Spektakuläre Funde und ihre falsche Einordnung

Schliemanns Vermächtnis
Der Mann mit dem Spaten aus heutiger Sicht

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