Bärtige Gestalten in seltsamen Gewändern, die in einem kargen Kellerraum mit rauchenden Tiegeln und brodelnden Tinkturen hantieren und dabei geheimnisvolle Sprüche murmeln – so ähnlich stellen wir uns heute meist Alchemisten vor. Irgendwo zwischen Quacksalberei und Magie angesiedelt verschrieben diese Pseudogelehrten ihr Leben der Suche nach dem Stein der Weisen und dem Rezept, mit dem sich Blei zu Gold machen lässt, so die gängige Annahme.
Zwischen hoffähig und verboten
Doch dieses Bild trifft nur zum Teil. Denn in Mittelalter und Renaissance war die Alchemie ein ebenso verbreitetes und zeitweilig durchaus angesehenes Fachgebiet wie andere Wissenschaften auch. Im 13. Jahrhundert war die Alchemie sogar bei einigen mittelalterlichen Universitäten hoffähig – bis dann in einigen Regionen sogar Gesetze erlassen wurden, die die Produktion von Alchemistengold unter Strafe stellten.
Das allerdings hinderte so berühmte Gelehrte wie Francis Bacon, Robert Boyle, Paracelsus oder John Dee, den Hofastrologen und Berater der englischen Königin Elisabeth I., nicht daran, sich alchemistischen Studien zu widmen. Selbst ein unbestritten seriöser Wissenschaftler wie Isaac Newton beschäftigte sich noch im 17. Jahrhundert mit der Alchemie und beschrieb in einem erst vor kurzem entdeckten geheimen Manuskript ein Rezept für den begehrten Stein der Weisen.
Schwarze Magie
Für Misstrauen sorgte allerdings immer wieder die Geheimnistuerei der Alchemisten, die ihre Rezepturen und Methoden nur selten offenlegten. Viele von ihnen studierten zudem die Schriften arabischer und jüdischer Gelehrter, die damals dem Wissen der Europäer in vielem weit voraus waren. Auch das rückte sie verdächtig in die Nähe der Häresie.
Schnell gerieten Alchemisten in den Verdacht, dunkle Magie und heidnische Rituale zu praktizieren. So wurde der Mathematiker und Alchemist Michael Scott im 12. Jahrhundert beschuldigt, schwarze Magie zu betrieben und Dämonen zu beschwören und wurde sogar exkommuniziert – obwohl er sogar zeitweise den prestigeträchtigen Posten als Hofastrologe des spanischen Königs bekleidete.
Generell waren damals die Grenzen zwischen Religion, Philosophie, Magie und Wissenschaft noch fließend – oder eher nicht existent. Nicht wenige Alchemisten waren sogar im „Hauptberuf“ Mönche, Priester oder aber Astrologen, wie beispielsweise Albertus Magnus, der sogar seine Position als Bischof aufgab, um sich ungestörter seinen alchemistischen Studien widmen zu können.
Tricks und Quacksalberei
Und natürlich gab es auch echte Quacksalber. Gerade im Mittelalter war die Alchemie eine beliebte Masche, um reichen Zeitgenossen Geld aus der Tasche zu ziehen. Wer behauptete, er könne unedles Metall in Gold umwandeln und das Ganze dann mit ein wenig Brimborium und Taschenspielertricks „vorführte“, der konnte sich oft einen lukrativen Posten als Hofalchemist sichern – zumindest bis der Schwindel aufflog.
Selbst der berühmte Paracelsus, oft als Urvater der Chemie gefeiert, war sich für ein paar Schummeleien und Tricks nicht zu schade. So entwickelte er Heiltränke für den Adel, die auf magische Weise verschiedenste Krankheiten kurieren sollten. Als seine Quacksalberei herauskam, war es damit jedoch vorbei. Sei Ruf war ruiniert und der Gelehrte starb mit 48 Jahren arm und als Alkoholiker.
Doch das ist noch nicht die ganze Geschichte…
Nadja Podbregar
Stand: 20.05.2016