Sie leben in der schroffen Gebirgswelt Kanadas, überstehen die Trockenheit Spaniens und ertragen die Kälte der sibirischen Steppe. Wölfe sind nahezu überall zu Hause. Sie sind perfekte Jäger und passen sich in allen Lebensräumen an. Früher waren Wölfe auf der gesamten Nordhalbkugel zu finden.
Weltweit leben heute schätzungsweise 180.000 Wölfe. Drei Viertel von ihnen bevölkern Kanada, Russland und die Mongolei. Wie viele Tiere in den zentralasiatischen Ländern leben ist unklar, da es von dort keine gesicherten Daten gibt. In Europa siedeln immerhin knapp 18.000 Wölfe. Die meisten davon leben in Rumänien, auf der iberischen Halbinsel, der Ukraine, und in Weißrussland. Die übrigen Tiere halten sich zerstreut in kleinen Beständen von einigen hundert auf.
Die Suche nach einer neuen Heimat
In Polen zum Beispiel leben mehr als die Hälfte der 500 Wölfe in den weiten Wäldern im Nordosten. Dieses Revier liegt am westlichen Ende eines Verbreitungsgebietes, das über die Ukraine und Weißrussland bis nach Russland reicht.
Die Tiere leben vorwiegend zurückgezogen in großen Waldgebieten oder unzugänglichen Gebirgslandschaften. Je ein Rudel beansprucht ein Territorium zwischen 300 und 1.000 Quadratkilometern – dies entspricht der Fläche der Ostseeinsel Rügen. Sobald ein Jungtier sein Rudel verlässt, muss es ein neues Jagdrevier finden. Diese Suche treibt die Wölfe immer wieder aus den Nischen der osteuropäischen Wildnis in Richtung Westen.
Auf der Suche nach neuen Territorien wandern die Wölfe entlang alter Urstromtäler und Gebirgszüge. Sie orientieren sich an markanten Landschaftsstrukturen und laufen dort, wo sich ihnen die wenigsten Hindernisse in den Weg stellen. Da viele Wölfe die gleichen Routen nehmen gibt es in Polen drei Hauptwege: Zwei im Norden parallel zur Küste und einer im Süden an den Karpaten entlang.
Dennoch leben an der Grenze zu Deutschland bisher nur drei kleine Rudel und einige Einzeltiere. Während die Wolfsrudel im Osten des Landes immer wieder Gesellschaft aus den russischen Großbeständen bekommen, sind die Tiere im Westen nahezu isoliert. Das Zentrum Polens ist geprägt von Äckern, Siedlungen und Straßen, die allesamt Gefahren für den wandernden Wolf bergen. Daher siedeln bisher nur selten Wölfe aus den östlichen Wäldern in die westliche Grenzregion über.
Aus der Traum vom deutschen Wolf?
Der Ost-West Weg der Wölfe ist durch den massiven Ausbau der polnischen Straßen gefährdet. In Zusammenarbeit mit der Wolfsspezialistin Sabina Nowak haben Natur- und Artenschutzorganisationen daher alternative Straßenführungen für die Fernstraßen ausgearbeitet. Damit würden sensible Gebiete umgangen. Weiterhin sollen breite Brücken mit Grasbewuchs, so genannte „Wildbrücken“, Tieren das Überqueren der Straßen ermöglichen. Zeitgleich soll ein EU-Projekt zur Regionalentwicklung ganze Landstriche in Polen wieder aufforsten. IFAW hat der EU in Brüssel nun Regionen zur Begrünung vorgeschlagen, die in Verbindung mit den Wildbrücken und der alternativen Straßenplanung ideale Reisewege für die Wölfe nach Deutschland wären.
Stand: 30.09.2005