Wer sich jetzt noch fragt, warum Venus einer der faszinierendsten Orte des Sonnensystems und als Diva kapriziös wie sonst niemand ist, dem seien zum fulminanten Abgesang noch folgende Eskapaden anvertraut:
Die Venus rotiert retrograd, von Ost nach West, was die Sonne auf Venus im Westen aufgehen und im Osten versinken lässt. Das könnte man ja noch dulden, wenn wenigstens ein Venustag kürzer als ein Venusjahr wäre, aber nicht einmal dem ist so: In 224 Tagen läuft die Diva einmal um die Sonne, aber sie braucht 243 Tage, um sich einmal um sich selbst zu drehen – völlig unverständlich für ihre blaue Schwester.
Der zeigt sie sowieso nur eine Seite, wenn sie ganz nahe kommt, da Rotationsperiode und Umlaufperiode synchronisiert sind. Mond besitzt die Venus keinen, aber auch damit hat sie genug Verwirrung gestiftet, seitdem Giovanni Domenico Cassini im Jahr 1672 einen solchen entdeckt zu haben glaubte und ihn auch noch »Neith« taufte (der Glaube daran hielt sich lange). Und dann dieses Männerproblem: Durch einen Beschluss der Internationalen Astronomischen Union (IAU) sind alle Formationen auf Venus nach Frauen oder weiblichen Gottheiten benannt; alle bis auf eine, das Maxwell-Gebirge, und das ist ausgerechnet die höchste Erhebung des ganzen Planeten, 11.000 Meter über mittlerem Niveau. Nun ja.
Und schließlich: Leben auf dem Planeten der Liebe? Bei dem Hitzewahnsinn ausgeschlossen. Obwohl, es wäre nicht Venus, wenn nicht auch hier das Erstaunen auf dem Fuß folgte: 2004 veröffentlichten Forscher der University of Texas die Idee, es könnten in den Venuswolken bei Temperaturen von 50 bis 70 Grad Celsius Mikroorganismen leben, vom UV-Licht der Sonne geschützt durch Ringe aus Schwefelmolekülen.
Sie wird noch ein paar Mal Besuch bekommen von uns, den Kindern ihrer Schwester. Derweilen zieht sie weiter ihre Bahn als Morgenstern, Abendstern, Luzifer, Verführerin.
Stand: 22.04.2005