Kaum ein anderes Vermächtnis unserer Vorfahren führt immer wieder zu solchen Heiterkeitsausbrüchen wie die Bauernregeln. Doch dass die in Versform gefassten Witterungsprognosen bei allem Mangel an Reimverständnis durchaus ihre Berechtigung besitzen, lässt sich inzwischen sogar wissenschaftlich nachweisen. Denn wie der Wissenschaftler Horst Malberg herausfand, haben immerhin zwei von drei Prognosen einen meteorologisch wahren Kern.
„Keiner weiß, was´s Wetter bringt – nur der Bauer, der is schlauer.“
Jahrhundertelang war der Mensch den Wetterelementen bedingungslos ausgeliefert. Ein früher Frost konnte die Ernte vernichten, ein Starkregen die Behausung zerstören oder ein Gewitter das Vieh vertreiben – mit katastrophalen Folgen. Kein Wunder also, dass unsere Vorfahren mit ganz besonderer Aufmerksamkeit das Wetter und jede Veränderung rund um Hof und Flur beobachteten. Denn eine andere Vorhersage als ihre eigene gab es schließlich nicht. Aus heutiger Sicht mögen uns Bauernregeln plump oder auch komisch vorkommen, für die Menschen im Einfluss der Naturgewalten hatten sie häufig eine lebenswichtige Bedeutung.
„Regnet es am Siebenschläfertag, es wohl sieben Wochen regnen mag.“
Diese wohl bekannteste Bauernregel bezieht sich auf den 27. Juni und trifft mit bis zu achtzigprozentiger Wahrscheinlichkeit zu. Denn erst zu diesem Zeitpunkt entscheidet sich, wo in den kommenden Wochen die Hauptzugbahn der atlantischen Tiefdruckgebiete verlaufen wird. Verläuft diese im nördlichen Atlantik, so bleibt Mitteleuropa weitgehend von Schlechtwetterfronten verschont und der Sommer wird warm und trocken. Verläuft sie weiter im Süden, so wird es eher kühl und feucht.
„Abendrot – Gutwetterbot‘. Morgenrot – mit Regen droht.“
Auch diese Regel trifft sehr häufig zu. Denn der rote Abendhimmel im Westen weist auf eine Atmosphäre ohne Störungen und somit auf eine stabile Wetterlage hin. Die Morgendämmerung hingegen färbt die westlich anrückenden Wolken rot ein. Einige Stunden später kann dann die Warmfront mit Dauerregen und Wind eintreffen.
„Siehst Du die Schwalben niedrig fliegen, wirst Du Regenwetter kriegen.“
Viele Tiere gelten als zuverlässige Wetterbeobachter. Hierzu gehören auch die Schwalben, die bei ihrer Nahrungssuche auf Insekten angewiesen sind. Bei Hochdrucklagen, also sonnigem und warmen Wetter, werden diese durch die Thermik nach oben getragen. Entsprechend hoch fliegen daher die Schwalben beim Insektenfang. Umgekehrt verhält es sich, wenn Tiefdruckausläufer die Landschaft durchqueren. Es steigen kaum Warmluftblasen in den Himmel auf, so dass sich sowohl Insekten als auch Schwalben in Bodennähe aufhalten.
„Wenn der Mond hat einen Ring, folgt der Regen allerding“.
Wenn sich das Licht von Sonne oder Mond an den Eiskristallen mittelhoher Schichtwolken bricht, entstehen häufig die so genannten Halo-Erscheinungen. Diese zumeist kreisrunden Lichtbögen zeigen den Übergang vom Hoch- zum Tiefdruckgebiet an. Denn die für die Halos verantwortlichen Eiskristalle wachsen besonders gut bei gleichmäßigen und lang anhaltenden Aufwinden, wie sie ein sich näherndes Tiefdruckgebiet mit sich bringt.
Problematisch bei der heutigen Interpretation der Volksweisheiten ist deren häufig enger räumlicher Bezug. Denn eine Bauernregel aus dem Gebirge kann mit Sicherheit nicht auf das Tiefland übertragen werden, Wetterbeobachtungen am Meer fallen anders aus als im tiefsten Binnenland. Und manche Regel mag im Laufe der Jahrhunderte auch „verreimt“ worden sein oder durch neuzeitlich Klimaänderungen ihre Gültigkeit verloren haben.
Stand: 28.05.2004