In Deutschland findet die Atomenergie langsam, aber stetig ein Ende: Kernkraftwerke machen einen immer geringeren Anteil im deutschen Energiemix aus. Da regenerative Energien noch nicht ausreichend ausgebaut sind, zahlen wir für die kernkraftfreie Versorgung zur Zeit noch mit steigenden CO2-Emissionen aus Kohlekraftwerken.
Andere Staaten gehen den umgekehrten Weg: Kernkraft ist global gesehen noch immer eine der vorherrschenden Energiequellen. Über hundert neue Atomkraftwerke befinden sich derzeit weltweit in Planung oder im Bau. Bevor radioaktiver Abfall zu einem weit beachteten Problem wurde, galt Kernkraft nämlich als ausgesprochen saubere Energie: Sie produziert keinen Ruß, kein CO2 und keine anderen Abgase. Das entscheidende Material dafür ist ein radioaktives Metall vom unteren Ende des chemischen Periodensystems: Uran.
Überwältigende Energiedichte
Warum ist ausgerechnet Uran als Energierohstoff so begehrt? Der Grund dafür ist die überwältigende darin enthaltene Energiemenge: Aus einem Kilogramm natürlich vorkommendem Uran lässt sich zehn- bis fünfzehntausendmal so viel Energie gewinnen wie aus derselben Menge Rohöl oder Kohle.
Aber woher kommt diese Energie? Die Antwort: Nicht aus Molekülen wie bei Kohlenwasserstoffen aus Öl und Kohle, sondern aus dem Atomkern selbst. Dieser lässt sich vereinfacht als ein Ball aus Protonen und Neutronen darstellen. Ab einer gewissen Größe ist dieser Ball jedoch nicht mehr stabil und zerfällt – solche zu großen Kerne sind radioaktiv. Die Radioaktivität allein ist allerdings noch nicht die entscheidende Energiequelle. Sie ist beim Uran zwar deutlich, aber verglichen mit anderen radioaktiven Elementen vergleichsweise gering.
Neutronen lassen Atomkerne platzen
Allerdings entdeckten Otto Hahn und Lise Meitner Ende der 1930er Jahre noch eine weitere Eigenschaft mancher übergroßer Atomkerne: Bei bestimmten Kombinationen von Protonen- und Neutronenzahlen kann ein Kern in zwei Teile von vergleichbarer Größe zerfallen oder sich sogar künstlich spalten lassen. Bei dieser Kernspaltung wird ein Teil der Energie frei, die vorher den Kern zusammenhielt – und die ist beträchtlich größer als etwa die freigesetzte Energie beim Verbrennen von Kohle.
Man kann einen geeigneten Atomkern spalten, indem man ihn mit energiereichen Neutronen beschießt. Das Extra-Neutron und die von ihm mitgebrachte Energie sind gewissermaßen der Anstoß, der den ohnehin instabilen Kern ähnlich wie einen zu großen Wassertropfen zerplatzen lässt. Die auslösenden Neutronen dürfen allerdings weder zu schnell noch zu langsam daher kommen.
Ansgar Kretschmer
Stand: 20.02.2015