Schon im Vorfeld war das die häufigste Frage: Worin wird sich der neue Weltklimabericht von den bisherigen unterscheiden? Wird das IPCC seine Klima-Prognosen nach oben oder unten korrigieren? Wie ist der Status des Klimasystems heute im Vergleich zu vor sechs Jahren?
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Kernaussage bleibt gleich
Tatsächlich bringt der neue Bericht nichts radikal Neues. Die Kernaussagen unterscheiden sich nicht substanziell von denen des letzten Klimaberichts aus dem Jahr 2007. In aller Ausführlichkeit präsentieren die IPCC-Autoren erneut Daten, die ein Klimasystem im Wandel zeigen: Steigende Ozeane, schmelzende Eiskappen und Veränderungen in den Wettermustern. Die Botschaft ist erneut: Das Klima ändert sich – und wir Menschen sind schuld daran. Das war auch schon die Kernaussage der letzten Berichte.
Aber diesmal wird sie von mehr Daten und Indizien untermauert als je zuvor, betonen die IPCC-Forscher. Der Einfluss des Menschen sei jetzt zu 95 Prozent sicher und in verschiedensten Komponenten des Klimasystems nachweisbar – und er nimmt weiterhin zu. Dem neuen Bericht nach war jedes der letzten drei Jahrzehnte jeweils wärmer als jede andere Dekade seit Beginn der Industrialisierung. „Auf der Nordhalbkugel waren die Jahre 1983 bis 2012 wahrscheinlich die wärmste 30-Jahresperiode der letzten 1.400 Jahre“, berichten die Klimaforscher. Konkret hat sich die Erdoberfläche seit 1880 um 0,85 Grad Celsius erwärmt.
Mehr Wasser, weniger Eis
Aber es gibt auch Neues im Klimabericht. So steigt der Meeresspiegel weltweit schneller als noch im letzten Bericht angenommen. Um rund 19 Zentimeter stiegen die Pegel allein in der Zeit von 1901 bis 2010. Zwischen 1971 und 2010 verdoppelte sich die Rate dabei auf 3,2 Millimeter pro Jahr, wie die IPCC-Forscher berichten.
Und auch die Prognosen sehen schlechter aus als zuvor: Statt 18 bis 59 Zentimetern bis zum Ende des Jahrhunderts erwarten die Klimaforscher nun 28 bis 98 Zentimeter bis 2100. „Dies ist die vielleicht größte Änderung gegenüber dem 4. IPCC-Bericht“, erklärt auch Stefan Rahmstorf in seinem Blog. „Das liegt um über 50 Prozent über den alten Projektionen, wenn man gleiche Emissionsszenarien und Zeitspannen vergleicht.“
Die Prognosen zur Eisschmelze sind ebenfalls pessimistischer geworden: Im letzten Bericht gingen die IPCC-Forscher noch davon aus, dass die Arktis frühestens 2100 im Sommer eisfrei sein wird. Jetzt heißt es: „Ein nahezu eisfreier arktischer Ozean noch vor Mitte des Jahrhunderts ist bei ungebremsten Emissionen (RCP8.5) wahrscheinlich.“ Auch das Grönlandeis hat sich inzwischen als weniger stabil erwiesen als noch vor sechs Jahren angenommen: Die IPCC-Forscher sehen nun die Schwelle, ab der die grönländische Eiskappe vollkommen abschmelzen könnte, bereits bei einem bis vier Grad Erwärmung – 2007 waren es noch 1,9 bis 4,6 Grad.
Größtenteils irreversibel
Deutlich warnen die IPCC-Autoren vor den langfristigen Folgen des bisher ungebremst weiter steigenden CO2-Ausstoßes: „Ein großer Teil des anthropogenen Klimawandels durch die CO2-Emissionen ist irreversibel – wenn man von Zeiträumen von mehreren Jahrhunderten bis zu tausend Jahren ausgeht“, heißt es. Selbst wenn man sofort alle Emissionen stoppen würde, wurden die Temperaturen noch viele hundert Jahre nahezu konstant bleiben. Die Ozeane könnten sich sogar noch eine Weile weiter erwärmen. Entsprechend würde auch der Meeresspiegel weiter ansteigen.
„Je nach Szenario bleiben 15 bis 45 Prozent des CO2 länger als 1.000 Jahre in der Atmosphäre“, so die Forscher. Wolle man die Erwärmung bremsen, erfordere dies daher entsprechend frühzeitige Maßnahmen. „Der Klimawandel ist die größte Herausforderung für die Welt“, erklärte daher auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon anlässlich der Veröffentlichung der Berichtszusammenfassung.
„Wir brauchen ein ambitioniertes Abkommen dazu.“ Ob der IPCC-bericht und diese Appelle aber ausreichen, um die festgefahrenen Klimaverhandlungen wieder in Schwung zu bringen, bleibt fraglich.
Nadja Podbregar
Stand: 02.10.2013