In den vergangenen Jahren haben Forscher bereits zahlreiche Verfahren entwickelt, um aus Biomasse wichtige Grundstoffe für die chemische Industrie zu gewinnen. „Aber noch bleiben viele Prozesse im Labor- und Pilotmaßstab stecken und kommen nicht in die industrielle Entwicklung“, so die Erfahrung von Thomas Hirth vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB. „Zur effizienten und effektiven stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe sind neue und skalierbare Verfahren erforderlich, die eng mit bereits bestehenden Produktionsstrukturen vernetzt werden.“
Um die Lücke zwischen Labor und industrieller Umsetzung zu schließen, bauen Wissenschaftler des IGB und des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna. Auf einer Fläche von mehr als 2.000 Quadratmetern entstehen derzeit Anlagen, Labore, Büros und Lagerräume. Mehr als 20 Industrieunternehmen sowie 15 Universitäten und Forschungseinrichtungen wollen sich an dem Projekt beteiligen.
Holzabfälle als Ausgangsmaterial
In Leuna wollen die Forscher unter anderem Holzabfälle als Kohlenstoffquelle nutzen. Dazu bauen sie eine Pilotanlage nach einem modifizierten Organosolv-Verfahren auf, mit dem sich das im Holz vorhandene Lignin herauslösen lässt. Darin werden zunächst aus Lignocellulose – das Biopolymer Lignocellulose bildet die Zellwände von verholzten Pflanzen – fermentierbarer Zucker und Lignin gewonnen. Anschließend setzen Bakterien den Zucker zu Basischemikalien um, die sich zum Beispiel für die Produktion von Kunststoffen wie Polyethylen einsetzen lassen. Die Phenole aus dem Holzbaustein Lignin wollen die Forscher für die Produktion von Klebstoffen oder für chemische Synthesen nutzen. Reststoffe dienen zur Energieerzeugung. So wird die nachwachsende Ressource Holz vollständig verwertet.
Weitere Schwerpunkte sind die Nutzung von Restbiomasse, die Gewinnung funktionaler Inhaltsstoffe und Energieträger aus Mikroalgen sowie die Entwicklung neuer technischer Enzyme. Bereits in der Pilotphase wollen die beteiligten Chemiekonzerne die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der biotechnologischen Prozesse in den fünf zur Verfügung stehenden Pilotanlagen prüfen. „Unser Ziel ist es, die nachhaltige Wertschöpfung aus Non-food-Biomasse zu maximieren, indem wir daraus neuartige Werkstoffe und Materialien sowie Chemieprodukte und Energie gewinnen“, erklärt Hirth.
Birgit Niesing / Fraunhofer Magazin
Stand: 20.07.2012