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Große Hoffnungen setzen Forscher und Mediziner auf Stammzellen. Sie sollen helfen, schwere Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson zu heilen sowie Gewebe- und Organschäden etwa nach einem Herzinfarkt zu reparieren. Die Besonderheit der Stammzellen: Sie können sich in verschiedene Zelltypen oder Gewebe ausdifferenzieren. Die embryonalen Stammzellen werden aus befruchteten menschlichen Eizellen gewonnen. Aus ihnen können sich nahezu alle der etwa 300 verschiedenen menschlichen Zelltypen wie Muskel- oder Gehirnzellen entwickeln.
Adulte Stammzellen
Jeder Mensch verfügt aber auch über adulte Stammzellen. Sie sind zum Beispiel im Knochenmark, im Nabelschnurblut Neugeborener, im Gehirn, in der Leber, der Haut oder in der Bauchspeicheldrüse zu finden. Aus ihnen bilden sich nur verschiedene Zelltypen eines einzelnen Organs. Ein Beispiel: Neurale Stammzellen können sich zu allen Zellarten des Nervengewebes entwickeln, aber nicht zu Leber- oder Muskelzellen. Ein Vorteil der adulten Stammzellen: Da sie dem eigenen Körper entnommen werden, besteht keine Abstoßungsgefahr.
Schon seit Mitte der 1970er Jahre behandeln Ärzte erfolgreich Leukämien und Lymphome mit Stammzellen aus dem Knochenmark und dem Blut von Erwachsenen. Auch bei Patienten mit einem Herzinfarkt nutzen einige Mediziner adulte Stammzellen. Um die Schäden des Infarkts zu lindern, wird dem Erkrankten Knochenmark aus dem Beckenknochen entnommen. Daraus isolieren die Ärzte die Stammzellen und spritzen sie über einen Katheter in die Herzkranzgefäße. Wie sie dort genau wirken, ist noch nicht endgültig geklärt. Untersuchungen zeigen jedoch, dass sich an dieser Stelle neue Kapillaren bilden.
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Mit Stammzellen gegen Schlaganfall
Auch bei der Behandlung von Schlaganfall-Patienten könnten Stammzellen helfen. Darauf deuten Untersuchungen von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie IZI in Leipzig am Tiermodell hin. Der Bedarf an neuen Therapien bei Hirninfarkt ist groß: Jedes Jahr erleiden allein in Deutschland 250.000 Patientinnen und Patienten einen Schlaganfall. Dabei verhindert ein verschlossenes Blutgefäß im Gehirn, dass die Zellen mit Sauerstoff versorgt werden. Je länger der Zustand anhält, desto mehr Nervenzellen sterben ab.
Wer einen Schlaganfall überlebt, wird oft ein Pflegefall. Viele Betroffene haben noch Monate oder Jahre nach ihrer Erkrankung mit Lähmungen oder Sprachstörungen zu kämpfen. Die bisher einzige klinische Behandlungsmöglichkeit ist die Thrombolyse, die das Blutgerinnsel auflöst. Allerdings ist sie nur innerhalb der ersten viereinhalb Stunden nach dem Schlaganfall einsetzbar.
Eine mögliche Alternative bietet die Behandlung mit Stammzellen. Versuche des IZI an Ratten und Schafen zeigen, dass die neurologischen Ausfallerscheinungen bei mittelschweren Schlaganfällen bereits wenige Tage nach einer Stammzell-Transplantation wieder verschwinden.
Ermutigende Ergebnisse
„Das sind ermutigende Ergebnisse, die allerdings noch die klinische Prüfung bei menschlichen Patienten bestehen müssen“, sagt Professor Frank Emmrich, Leiter des IZI. Britische Forscher untersuchen das Verfahren bereits in klinischen Tests am Menschen. Im November 2010 haben sie erstmals einen Schlaganfallpatienten mit Stammzellen behandelt.
In den USA dürfen seit kurzem auch embryonale Stammzellen am Menschen getestet werden. Vor wenigen Wochen haben Mediziner zum ersten Mal in einer klinischen Studie der Phase I einen Querschnittsgelähmten mit embryonalen Stammzellen behandelt. Das Ergebnis steht noch aus.
Birgit Niesing / Fraunhofer-Magazin weiter.vorn
Stand: 27.01.2011