Phänomene

Wie normal ist Pi?

Rätsel um die dritte Eigenschaft der Kreiszahl

Die dritte große Eigenschaft von Pi gehört zu den bis heute offenen Fragen der Mathematik. Es geht um die Normalität. Normal ist eine Zahl im mathematischen Sinne immer dann, wenn alle Ziffern und Ziffernblöcke in ihrer Zahlenfolge in absolut gleicher Häufigkeit auftreten, und dies vollkommen zufällig verteilt. Das heißt, keine der Zahlen von 0 bis 9 darf in den Nachkommastellen von Pi häufiger oder weniger häufig vorkommen als eine andere.

Sind die Nachkommastellen von Pi wirklich absolut zufällig? © MMCD

Selbst vermeintlich ausgefallene Zahlengruppen wie 000000 oder 999999 dürfen bei einer normalen Zahl nicht seltener auftreten als 123456 oder 314159. Damit muss theoretisch auch jede beliebige Zahlenkombination, sei es eine Telefonnummer ein Geburtsdatum oder ein in Zahlen übersetzter Satz, irgendwo in Pi enthalten sein. Tatsächlich kommt beispielsweise die Zahlenfolge 01234567890 in den bisher bekannten Nachkommastellen von Pi gleich mehrfach vor, das erste Mal ab der 53.217.681.704.Stelle. Die ersten Ziffern von Pi, 314159265358, tauchen ebenfalls noch einmal auf, allerdings erst nach der ein billionsten Stelle.

Die Bibel in Pi

Da die Dezimalstellen unendlich weitergehen, wäre es sogar möglich, dass alle überhaupt in irgendeinem Zusammenhang existierenden Zahlen oder auch umgerechneten Buchstabenkombinationen in Pi enthalten sind. Konsequent zu Ende gedacht heißt das, dass theoretisch sogar alle Texte der Bibel oder die Werke Goethes in codierter Form in Pi zu finden sind. Frei nach dem Prinzip der unendlich lang tippenden Affen, die irgendwann alle Werke Shakespeares durch Zufall erzeugen. Rein mathematisch gesehen ist dieses Theorem längst eindeutig bewiesen – in der Praxis aber wohl kaum nachvollziehbar.

Test der ersten 100 Millionen Dezimalstellen

Ob sich tatsächlich irgendwo in Pi sinnvolle Botschaft verbirgt und ob die Zahlenfolge wirklich überall dem Gesetz der Normalität folgt, weiß bis heute niemand. Im Jahr 2005 untersuchten die Physiker Ephraim Fischbach und Shu-Ju Tu von der amerikanischen Purdue Universität die ersten 100 Millionen Stellen von Pi auf ihre Zufälligkeit. Sie verglichen sie zudem mit den Ergebnissen von kommerziell erhältlichen Programmen zur Erzeugung von Zufallszahlen.

Tatsächlich konnten die Forscher kein verborgenes Muster oder eine sonstige Regelmäßigkeit in den Dezimalstellen der Kreiszahl entdecken. Zwar schnitten einige der Zufallsprogramme etwas besser ab als Pi, das Fazit lautete aber dennoch: Pi ist in jedem Falle eine gute und geeignete Quelle für Zufallszahlen. Bewiesen ist damit die Normalität der Kreiszahl allerdings noch immer nicht.

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Nadja Podbregar
Stand: 14.03.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die wunderbare Welt des Pi
Geheimnisvolle Eigenheiten einer allgegenwärtigen Zahl

Es geht nicht ohne…
Pi - die allgegenwärtige Naturkonstante

Irrational und transzendent
Die bewiesenen Eigenschaften von Pi

Wie normal ist Pi?
Rätsel um die dritte Eigenschaft der Kreiszahl

Wie viel Pi braucht der Mensch?
Auf der Jagd nach den Nachkommastellen

Vom 96-Eck zum Computerprogramm
Die Geschichte der Pi-Berechnung

Pi ist Kult
Von Pi-Clubs, Pi-Gedichten und anderen Kuriositäten

24 Stunden lang Pi
Wettstreit der Pi-Gedächtniskünstler

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