Wie kompliziert die Herstellung eines neuen Tracers ist, ahnt jeder, der den „heißen“ Trakt des Jülicher Instituts für Nuklearchemie (INC) besucht. „Heiß“ deshalb, weil die Wissenschaftler hier mit radioaktiven Substanzen umgehen. Chemiker des INC haben zum Beispiel einen Tracer für den so genannten Adenosin-A1-Rezeptor entwickelt.
Dieser Rezeptor ist nach Überzeugung der Jülicher Mediziner unter anderem an der Epilepsie, der hepatischen Enzephalopathie – einer Hirnerkrankung infolge schweren Leberschadens – und wahrscheinlich auch am Parkinson-Syndrom beteiligt. Seine Verteilung im lebenden Gehirn konnte bisher nicht untersucht werden, da es keinen entsprechenden Radioliganden gab.
Mit einem klassischen Chemielabor hat der heiße Trakt des INC nichts gemeinsam. Die Radioaktivität ist einer der Gründe: Die Apparaturen befinden sich in Bleizellen hinter sechs Zentimeter dicken Wänden und werden über Rechner ferngesteuert. Die Wissenschaftler können dabei die Computer individuell programmieren und beispielsweise festlegen, wie Substanzen miteinander vermischt oder wann sie erhitzt werden.
Einen anderen Grund für den ungewöhnlichen Eindruck des INC-Labors nennt der Chemiker Marcus Holschbach: “ Die Substanz-Mengen, mit denen wir hier umgehen, betragen häufig weniger als ein Milliardstel Gramm.“ Bei hoher spezifischer Radioaktivität reiche solche Tracermengen für PET-Untersuchungen aus. Deshalb ist jede Apparatur in den Bleizellen eine Art Miniaturlabor – mit einem labyrinthartigen Gewirr von Schläuchen, einer Vielzahl winziger Vorratsbehälter sowie einem Kleinstreaktor und Analysegefäßen.
Weil die Radioaktivität der Tracer-Moleküle meist innerhalb von Minuten stark abnimmt, werden sie nur nach aktuellem Bedarf produziert. Durch die kurzen Halbwertszeiten der verwendeten Positronenstrahler sind PET-Untersuchungen für den Patienten nur mit geringer Strahlenbelastung verbunden – für den Chemiker, der die Tracer-Moleküle synthetisiert, bedeutet das allerdings, dass er schnell arbeiten muss.
ZyklotronDie Positronen emittierenden Atome stammen aus einem Zyklotron, von denen das Forschungszentrum Jülich mehrerer besitzt. Das mehrere Meter breite Gerät, in dem Wasserstoffkerne – Protonen und Deuteronen – auf sehr hohe Geschwindigkeiten gebracht und anschließend auf einen kleinen Behälter gelenkt werden, erinnert an einen Kessel. In diesem Behälter, der im Fachjargon „Target“ heißt, ist häufig Stickstoff eingeschlossen. Durch Beschuss mit den hochenergetische Teilchen wandelt sich dieser in einer Kernreaktion in den Positronenstrahler Kohlenstoff-11 um, der als Kohlendioxid-Gas in die bleiummantelten Mini-Labore geleitet wird.
Stand: 16.03.2001