Die Erforschung des Lebens in den Ozeanen boomt. Gerade in letzter Zeit hat man mit verbesserter Technik – wie dem 17-Tonnen-Tauchschiff „Alvin“ der amerikanischen Woods Hole Oceanographic Institution – vielerorts Expeditionen auf die Reise geschickt um neue wissenschaftliche Erkenntnisse in der Tiefsee zu gewinnen.
Schauplatz: Der Juan-de-Fuca-Rücken vor der amerikanischen Nordwestküste. Riesige Platten der Erdkruste kollidieren in dieser Region und aufsteigendes Magma bildet neuen Meeresboden. Dies ist aber auch der Ort wo heiße, schwefelhaltige Hydrothermalquellen sprudeln und sich bizarre Landschaften bilden. Mit Mineralien beladenes Meerwasser schießt hier aus der Erdkruste herauf. Durch den Kontakt mit dem zwei Grad kalten Meerwasser flocken die Mineralien aus und quellen als schwarzer Rauch hervor oder lagern sich rund um die Austrittstelle ab. Bei diesem Vorgang bilden sich die zum Teil mehrere Meter hohen Schlote, die sogenannten „Black Smoker“, wie diese Tiefseephänomene auch genannt werden. Bei den Mineralablagerungen handelt es sich in erster Linie um Metall-Schwefel-Verbindungen. Der Anteil an einigen wichtigen Mineralien – Zink und Kupfer beispielsweise – sind häufig viel höher als Land. Vielleicht ist in fernerer Zukunft mit verbesserter Technik sogar ein Abbau dieser Rohstoffvorkommen möglich.
Ein weltweites Phänomen
Black Smoker und andere heiße Quellen hat man aber nicht nur Juan-de-Fuca-Rücken entdeckt. In vielen Ozeanen gibt es die faszinierenden schwarzen Raucher ebenfalls. Für die Forscher sind sie nicht nur wegen ihrer Mineralien interessant. In der unmittelbaren Umgebung der Black Smoker und anderer heißer Quellen siedeln sich auch ganz besondere Lebensgemeinschaften an, die zum Teil 350 oder mehr verschiedene Arten umfassen können.
Im Jahre 1979 entdeckten US-amerikanische Wissenschaftler zum ersten Mal eine derartige Unterwasserwelt mithilfe des Tauchboots „Alvin“. Dieser Fund revolutionierte die Meeresforschung: Bis dahin gingen die Forscher davon aus, dass sich die Bewohner des Tiefseebodens ausschließlich von dem ernähren, was von der Meerersoberfläche an organischer Substanz nach unten regnet.
An den Black Smokern hat man als Pionierorganismen Schwefel- und wärmeliebende Bakterien entdeckt, die nicht auf die Zufuhr von Licht angewiesen sind. Mit Hilfe der Chemosynthese produzieren sie in einem komplexen Syntheseverfahren aus CO2 Biomasse und schaffen damit die Existenzgrundlage für höhere Tiere. Dieser Stoffwechselweg funktioniert solange problemlos, wie der Nachfluss an chemischer Energie gewährleistet ist. Und daran besteht in der Nähe der Black Smoker kein Mangel. Auf dieser Basis entwickeln sich innerhalb kurzer Zeit die vielfältigen Lebensgemeinschaften aus Röhren- und Bartwürmern, Seespinnen und vielen anderen, die für diese Regionen so typisch sind.
Kurzlebige Tiefseeoasen
Die Lebensdauer der hydrothermalen Spalten und Black Smoker ist relativ gering. Zwischen zehn und hundert Jahren überdauern diese Tiefseeoasen, so vermuten die Wissenschaftler heute. Dann erkalten die Quellen oder sie werden durch Vulkanausbrüche zugeschüttet.
Neu aufgebrochene hydrothermale Quellen werden außergewöhnlich schnell besiedelt. Wie die Pionierbakterien in kürzester Zeit diese Lebensräume erreichen können, ist noch nicht endgültig geklärt. Eine Theorie der Forscher lautet, dass die Erdkruste tief unter dem Ozeanboden die Heimat von Myriaden von Bakterien ist, die dann von dort aus in kürzester Zeit die Black Smoker-Regionen erobern können. Wie allerdings die höheren Organismen an diese Tiefseeoasen gelangen, darüber gibt es zurzeit noch nicht einmal Vermutungen.
Die Überlegungen einiger Wissenschaftler gehen aber mittlerweile sogar dahin, dass das erste Leben auf unserer Erde in grauer Vorzeit an solchen hydrothermalen Spalten entstanden sein könnte.
Stand: 20.01.2000