Wie eine Stofftrennung auf molekularer Ebene auch aussehen kann, demonstrieren Experten des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC in Würzburg am Beispiel von hochwertigem, farbstofffreien Glas. Dieses Ultra-Weißglas ermöglicht eine maximale Lichtdurchlässigkeit. Deshalb wird es beispielsweise in der Photovoltaik, in Glasfaserkabeln, oder Displays eingesetzt.
Glas: Schon 0,1 Prozent Eisen ist zuviel
Der Werkstoff muss möglichst rein sein, denn bereits geringste Kontaminationen beeinträchtigen die Qualität. Schon kleinste Mengen Eisen von 0,1 Prozent reichen aus, um die Lichtdurchlässigkeit erheblich zu senken. „Die Wachstumsdynamik gerade im Bereich der Photovoltaik ist so groß, dass weder die natürlichen eisenfreien Rohstoffquellen, noch die Recyclingmenge etwa von „ausgedienten“ PV-Modulen ausreichen, um den Bedarf an hochtransparentem Flachglas der kommenden Jahrzehnte zu decken“, berichtet Jürgen Meinhardt vom ISC.
Eine alternative Rohstoffquelle könnte konventionelles Flachglas sein, das bislang vor allem zu billigem Behälterglas oder Mineralwolle „downgecycelt“ wird. Das Problem: Der Eisengehalt dieser Glasabfälle ist zu hoch. Die Forscher wollen nun Eisen auf molekularer Ebene vom Glas trennen und verbleibende geringste Eisengehalte so umwandeln, dass die Lichtdurchlässigkeit nicht mehr beeinträchtigt wird. Dabei nutzen sie einen einfachen Trick: Sie schmelzen das Glas bei etwa 1.500 °C und erleichtern so die Abtrennung des störenden Metalls. „Im Prinzip fischen wir in der Glasschmelze die Eisenatome heraus“, beschreibt Meinhardt das Verfahren.
Holz: Deutschland hinkt beim Recycling hinterher
Das molekulare Recycling ist aber auch bei nachwachsenden Rohstoffen ein Thema. Beispiel Holz: Hier steigt nicht nur die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Frischholz für Möbel und Co., sondern auch nach Brennstoffen. „Nachhaltig verfügbare Holzressourcen werden in Deutschland den vorhergesagten Bedarf zur stofflichen und energetischen Nutzung in Zukunft keineswegs komplett decken können“, sagt Peter Meinlschmidt vom Fraunhofer-Institut für Holzforschung – Wilhelm-Klauditz-Institut, WKI in Braunschweig.
„Für die europäische Holzwerkstoff- und die Papierindustrie wird deshalb immer wichtiger, dass auch Industrie-Restholz – etwa Rückstände aus Säge- und Sperrholzfabriken – und Gebrauchtholz von alten Paletten, Verpackungen, Möbel oder Abbruchholz wiederverwertet werden“, so der Forscher. Doch bislang nutzt man in Deutschland nur etwa 33 Prozent der jährlich etwa acht Millionen Tonnen Holzabfälle weiter. Zum Vergleich: In Italien sind es 89 Prozent. Ein Grund für die geringe Wiederverwertungsquote bei uns ist die Altholzverordnung. Sie schreibt vor, dass mit halogenorganischen Verbindungen beschichtetes Material oder mit Holzschutzmitteln behandeltes Holz nicht oder nur sehr eingeschränkt wieder verwendet werden darf.
Wo sitzt der Schadstoff und was ist es?
Neue Trenntechniken auf molekularer Ebene sollen hier Abhilfe schaffen, ohne den Vorsorge-Gedanken der Altholzverordnung zu gefährden. Doch um Altholz stärker zu recyceln, muss man in einem ersten Schritt vorhandene Schadstoffe erkennen. „Wir werden deshalb die Oberflächen der Holzteile mit verschiedenen Verfahren wie der Nahinfrarotspektroskopie, der laserinduzierten Spektroskopie und der Massenspektroskopie scannen, detektieren und sortieren“, erläutert Peter Meinlschmidt den Ansatz des WKI.
Danach erfolgt die Reinigung. „Mit organischen Holzschutzmitteln behandeltes Holz lässt sich mit überkritischen Fluiden reinigen. Um Schwermetalle abzutrennen beziehungsweise anzureichern, wollen wir sowohl nasschemische als auch Verbrennungsprozesse und Pyrolyseverfahren anwenden“, sagt Meinlschmidt. Aus dem gesäuberten Holz wiederum kann man Bio-Kunststoffe, Zellulose, Basischemikalien und andere neue Produkte gewinnen.
Die Entwicklungen sollen in eine „Holzkaskade“ münden, eine Sortieranlage für Altholz, mit der sich ein Großteil des heute nicht verwendeten Holzes weiter nutzen lässt, bis es ganz am Ende der Kaskade thermisch verwertet wird. Hierfür haben die Forscher bereits erste wichtige Grundlagen gelegt. So entwickelten sie Techniken, um die Deckschichten von lackierten Oberflächen und mit Folien beschichteten Span- und Faserplatten abzulösen. Darin ist der größte Teil der Kontaminationen konzentriert.
Fraunhofer Magazin / Birgit Niesing
Stand: 10.05.2013