Es kann jeden treffen. Gerade biegt man von der Autobahn ab, da rast einem plötzlich ein „Geisterfahrer“ entgegen. Bestenfalls bleibt es bei einem Schreck, schlimmstenfalls kommt es zum schweren Unfall. Wie lassen sich diese Fälle reduzieren? Auf der CeBIT wird ein innovativer Ansatz vorgestellt: ein frühzeitiges Warnsystem per Falschfahrer-App. Der Lehrbereich Software Systems Engineering der TU Clausthal und der Braunschweiger Ingenieurdienstleister c4c Engineering GmbH haben den Prototyp gemeinsam entwickelt.
In Deutschland gibt es jährlich etwa 1800 Verkehrsmeldungen zu Falschfahrten auf der Autobahn. Kommt es zum Unfall, sind die Folgen nicht selten verheerend. Bei fast jeder sechsten Kollision, werden Beteiligte getötet. Dies geht aus einem 128-seitigen Bericht des Bundesverkehrsministeriums von 2012 hervor. Gewarnt werden die Verkehrsteilnehmer bisher hauptsächlich über das gute, alte Radio. Bei der Meldekette gehen meist wertvolle Minuten verloren. Um die von Falschfahrten ausgehenden Gefahren künftig besser eindämmen zu können, empfiehlt der Bericht beispielsweise den Einsatz „fahrzeugseitiger, kooperativer Systeme“.
„Hier setzt die erfolgreiche Zusammenarbeit des Unternehmens mit unserer Universität an“, erläutert Professor Andreas Rausch vom Institut für Informatik der TU Clausthal. „Ideengeber für das Forschungsprojekt ist die c4c, bei der Umsetzung haben sich Studierende eingebracht.“ Der Kontakt zwischen der Uni aus dem Oberharz und den Braunschweiger Ingenieuren war über das Niedersächsische Forschungszentrum Fahrzeugtechnik (NFF) zustande gekommen. Professor Rausch ist im Vorstand des NFF vertreten.
Informationsaustausch zwischen Fahrzeugen
Was genau steckt nun hinter der neuen Falschfahrererkennung? „Um die Zeit bis zur Warnung durch den Verkehrsfunk zu verkürzen, können sogenannte Car2X-Technologien zum Einsatz kommen. Dabei werden Informationen zwischen Fahrzeug und Infrastruktur bzw. direkt zwischen Fahrzeugen ausgetauscht“, erläutert Diplom-Ingenieur Lutz Kelch, Technischer Leiter bei der c4c Engineering.
Nach den Worten des Software-Ingenieurs bietet es sich auf Autobahnen an, die existierenden orangen Notrufsäulen als Standpunkte für Infrastruktur-Hardware zu verwenden. Das Netz der Säulen ist mit Abständen von zwei Kilometern dicht genug, um über WLAN eine volle Abdeckung der Autobahnen zu gewährleisten. In den Säulen werden die Positionsdaten, die die Fahrzeuge ständig über ein Handy übermitteln, gesammelt und ausgewertet. Erkennt das computergestützte System, dass ein Auto in falscher Richtung unterwegs ist, klingelt und blinkt binnen einer Sekunde das Handy in den Fahrzeugen der Umgebung sowie beim „Geisterfahrer“. Alle sind gewarnt, können die Geschwindigkeit drosseln und möglichst Unfälle vermeiden.
„Car2Infrastructure-basierte Falschfahrererkennung“ lautet der genaue Name des Projektes, das Leben retten kann. Einen Prototyp der Falschfaher-App, die Clausthaler Studierende programmiert und die Software-Ingenieure verfeinert haben, zeigen die Kooperationspartner vom 10. bis 14. März auf dem weltgrößten Event der IT-Branche, der CeBIT in Hannover. Zu finden ist das Exponat in Halle 9, Stand C28. Organisiert wird der Auftritt, zu dem auch ein erklärendes Video gedreht wurde, von der Clausthaler Diplom-Mathematikerin Ingrid Schindler.
Infovideo der TU Clausthal
(Technische Universität Clausthal, 21.02.2014 – AKR)