Forscher am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) gelang ein entscheidender Schritt, um einem seit 40 Jahren unverstandenen störenden Effekt in Dünnschicht-Solarzellen aus amorphem Silizium auf die Spur zu kommen. Demnach tragen winzige Hohlräume im Silizium maßgeblich dazu bei, dass sich die Effizienz der Solarzellen zu Beginn der Nutzung um etwa 10 bis 15 Prozent verschlechtert. Die Arbeit ist jetzt in der Zeitschrift „Physical Review Letters“ veröffentlicht worden.
Dünnschicht-Solarzellen aus amorphem Silizium gelten als aussichtsreichste Alternative zu den bisher bei der Stromerzeugung aus Sonnenlicht dominierenden Zellen auf der Basis hochreiner Silizium-Wafer. Ein Vorteil der amorphen Silizium-Dünnschicht-Photovoltaik, bei der das lichtaktive Material in einer weniger als ein tausendstel Millimeter dünnen Schicht auf ein Glassubstrat aufgetragen wird: Die Herstellung der Zellen ist wesentlich einfacher und kostengünstiger als bei konventionellen kristallinen Silizium-Solarzellen. Von Nachteil ist hingegen der niedrigere Wirkungsgrad bei der Umwandlung von Sonnenenergie in elektrischen Strom. Bedingt durch die Unordnung im amorphen Silizium, leiden die Solarzellen unter dem sogenannten Staebler-Wronski-Effekt. Er bewirkt, dass das Sonnenlicht die Effizienz der Zellen in den ersten 1000 Stunden bis zu 15 Prozent schwinden lässt.
Interne Vernichtung verursacht Defekte
Auslöser für diesen unerwünschten Effekt ist die interne Vernichtung – die Physiker sprechen von Rekombination – von nicht abgeflossener Ladung. Die dabei freiwerdende Energie bildet Defekte im amorphen Netzwerk. Einen vergleichbaren Effekt gibt es in kristallinen Wafer-Solarzellen daher nicht. „Wo die Defekte im Material genau erzeugt werden und ob Nano-Hohlräume hierbei eine Rolle spielen, war bislang jedoch ungeklärt“, sagt Matthias Fehr vom Institut für Silizium-Photovoltaik des Helmholtz-Zentrums Berlin. Gemeinsam mit Institutskollegen sowie Wissenschaftlern des Forschungszentrums Jülich und der Freien Universität Berlin gelang es ihm nun, der Lösung dieses Rätsels einen bedeutenden Schritt näher zu kommen.
Da die entstehenden Defekte paramagnetische Eigenschaften haben, hinterlassen sie einen charakteristischen magnetischen Fingerabdruck – abhängig von der mikroskopischen Umgebung. Die Berliner Forscher konnten ihn mithilfe von Elektronen-Paramagnetischer-Resonanz (EPR) -Spektroskopie und Elektronen-Spin-Echo (ESE)-Experimenten identifizieren. Mit diesen sehr empfindlichen Methoden gelang es ihnen nachzuweisen, dass Defekte im amorphem Silizium in zwei Gruppen vorkommen: zum einen gleichmäßig verteilt und zum anderen angehäuft an Oberflächen von winzigen Hohlräumen – im Fachjargon: Microvoids. Diese bilden sich während der Herstellung der Solarzellen in dem Werkstoff. „Wir vermuten, dass sich Cluster aus mehreren Defekten an den Innenwänden dieser Hohlräume anlagern, die nur rund ein bis zwei Nanometer Durchmesser haben“, erklärt HZB-Physiker Fehr.
Mikroskopische Ursache der Degradation
„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Microvoids höchstwahrscheinlich zur lichtinduzierten Degradation von Dünnschicht-Solarzellen aus amorphem Silizium beitragen“, resümiert Fehr, der 2013 als Feodor Lynen-Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung ein Auslandsjahr in den USA verbrachte. „Damit sind wir der mikroskopischen Ursache der lichtinduzierten Degradation wesentlich näher gekommen.“ In neuen Experimenten wollen die Berliner Forscher nun weitere Details der atomaren und elektronischen Vorgänge bei dem nach seinen beiden Entdeckern benannten Staebler-Wronski-Effekt enthüllen.
Die Arbeit erfolgte innerhalb des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Netzwerks „EPR-Solar“ sowie des Berlin Joint EPR Labs des HZB und der FUB. „Sie ist zugleich eines der großen Projekte einer neuen Forschungsabteilung am HZB, die sich derzeit in Gründung befindet und deren Ziel eine fundamentale physikalische Charakterisierung von Energiematerialien ist und so entscheidend zur Energiewende beiträgt“ berichtet Projektleiter Prof. Dr. Klaus Lips.
(Physical Review Letters, 2014; doi: 10.1103/PhysRevLett.112.066403)
(Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH, 14.02.2014 – AKR)