„Lang leve de Koning“. Am 30. April übergibt die niederländische Königin Beatrix I. die Krone an ihren Sohn Kronprinz Willem-Alexander. Zu den Feierlichkeiten in Amsterdam werden rund eine Millionen Besucher erwartet. Eine Smartphone-App, entwickelt von Wissenschaftlern des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), soll dabei für mehr Sicherheit sorgen. Mit der in die App integrierten Technologie lässt sich die Bewegung der Menschenmassen in Echtzeit verfolgen und gegebenenfalls direkt auf sicherheitskritische Situationen reagieren.
Die von der niederländischen Polizei angebotene App „30 APPril“ bietet den Besuchern verschiedene Services rund um die Krönungsfeierlichkeiten, beispielsweise Veranstaltungshinweise, Karten mit wichtigen Adressen oder verschiedene Twitter-Feeds sowie wichtige Sicherheitshinweise. Wer die App nutzt, kann auf freiwilliger Basis anonymisierte Sensordaten seines Mobiltelefons übermitteln. Diese werden analysiert, verarbeitet und auf einer Karte abgebildet. Auf dieser sogenannten „Heatmap“ wird sichtbar, in welche Richtungen sich die Menschenmassen bewegen und wo Ansammlungen gegebenenfalls kritische Ausmaße erreichen. So können die Besucherströme live mitverfolgt, Risikosituationen frühzeitig erkannt und die Besucher direkt über Ausweichwege oder andere Maßnahmen informiert werden. Wenn das System beispielsweise einen großen Andrang an einem bestimmten Engpass verzeichnet, kann per Push-Nachricht die nächstgelegene Ausweichstation empfohlen werden.
Dass Menschenansammlungen Risiken bergen, hat sich bei Großveranstaltungen in der Vergangenheit gezeigt. Zum einen kann die Dynamik von Menschenmassen nur schwer erfasst und berechnet werden, zum anderen lässt sich für Sicherheitskräfte kaum direkt auf kritische Situationen reagieren oder mit den Menschen kommunizieren. Das Team des DFKI-Forschungsbereichs Eingebettete Intelligenz um Prof. Paul Lukowicz entwickelt und erprobt daher Technologien, die heute alltägliche Smartphone-Technologien nutzbar machen, um in solchen Fällen für mehr Sicherheit zu sorgen.
Die Technologie wurde bereits mehrfach bei anderen europäischen Groß-Events eingesetzt, beispielsweise bei den Olympischen Spielen 2012 in London . Die Technologie ist im Rahmen des vierjährigen EU-Projektes SOCIONICAL entstanden, in dem verschiedene Hochschulen und Forschungszentren das Zusammenspiel von Technologie und sozialer Interaktion untersucht haben. Die nötige Serverinfrastruktur zur Datensammlung sowie die Verarbeitungs- und Visualisierungsmethoden liefert das Wearable Computing Lab der ETH Zürich.
Hohe Aussagekraft trotz Datenschutz
Die Aussagekraft des Crowd-Monitorings über Mobiltelefone hängt von der Anzahl der Personen ab, die freiwillig ihre Sensordaten übermitteln. Der hohe Nutzen für die persönliche und kollektive Sicherheit hat bei vergangenen Einsätzen dazu geführt, dass viele Veranstaltungsbesucher ihre Daten beisteuern. Für die Krönungsfeierlichkeiten in Amsterdam wurde die Applikation in der Woche vor der eigentlichen Veranstaltung bereits mehr als 26.000 Mal heruntergeladen (Stand: 25.04.13) womit repräsentative Ergebnisse möglich sind.
Da die kollaborative Aktivitätserkennung aber auch juristische und ethische Fragen aufwirft, richten die Wissenschaftler des DFKI ein besonderes Augenmerk auf den Datenschutz und lassen das Projekt durch entsprechende Beratungs- und Bewertungsmaßnahmen begleiten. Die App-Nutzer bleiben bei der Anwendung anonym und die Daten werden verschlüsselt an den Servern geschickt. Des Weiteren ist die Übermittlung auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt und wird nur in kritischen Situationen für einen festgelegten Zeitraum und auch nur mit expliziter Zustimmung der User aktiviert. Erstmals ist die generierte Heatmap auch für die Nutzer der App sichtbar.
(Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH, DFKI, 26.04.2013 – KSA)