Wer fehlerhafte Digitalfotos mit Bildbearbeitungs-Software ausbessern will, muss bislang Geduld und Geschick mitbringen. Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben jetzt ein Programm entwickelt, das Fehler in digitalen Fotos und Filmen automatisch repariert – Fehler, an denen bisherige Lösungen scheitern. Das korrigierte Bild ist mit bloßem Auge fast nicht vom Original zu unterscheiden.
Derzeit existieren verschiedene Ansätze, die versuchen, fehlerhafte Stellen in digitalen Bildern automatisch zu beheben, doch jedes dieser Programme hat spezifische Schwächen. Einige Verfahren reparieren zum Beispiel die beschädigten Stellen dadurch, dass sie in den ungestörten Bereichen des Bildes Inhalte suchen, die zu den fehlerhaften Abschnitten passen. Diese Verfahren funktionieren häufig sehr gut, versagen aber, wenn keine passenden Inhalte gefunden werden können. Andere Methoden setzen Bildkanten in die gestörten Bereiche hinein fort. Auch dieses Prinzip kann sehr gute Ergebnisse liefern, hat aber immer dann Probleme, wenn es keine deutlichen Kanten gibt oder sehr unregelmäßige Strukturen rekonstruiert werden sollen – zum Beispiel die Maserung von Holz.
Das von Jürgen Seiler und André Kaup, Lehrstuhl für Multimediakommunikation und Signalverarbeitung, entwickelte Verfahren der selektiven Extrapolation hat diese Schwächen nicht. Ihre Idee besteht darin, dass sich sowohl Bilder als auch Filme als Überlagerung bestimmter Strukturmerkmale wie Farbkanten oder Helligkeitsverläufe beschreiben lassen. Auf der Grundlage der intakten Bildelemente werden diese Basisfunktionen bestimmt und auf die zu reparierenden Stellen übertragen. „Dadurch erhält man eine hochwertige Fortsetzung der Bildelemente. Fehlstellen sind nicht mehr sichtbar, eine Unterscheidung des rekonstruierten Bildes vom Original ist fast nicht möglich“, sagt Projektleiter Jürgen Seiler.
Die selektive Extrapolation lässt sich nicht nur zur Reparatur fehlerhafter Bereiche nutzen, sondern auch dazu, störende Bildinformationen zu entfernen: den Bauzaun vor einem Gebäude, den Strommast in der Landschaft oder das Hochhaus vor der Alpenkulisse. Um die Korrekturfunktion auf ganz bestimmte Stellen im Bild anzuwenden, muss in einem gängigen Grafikprogramm eine Auswahlmaske erstellt werden, die dann in das Programm der FAU-Forscher importiert wird. Filme lassen sich übrigens nach demselben Prinzip digital nachbearbeiten oder restaurieren. Auch aus diesem Grund dürfte das Verfahren für professionelle Anwendungen in Zukunft höchst interessant sein.
(Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 25.04.2013 – NPO)