Störende Flecken entfernen, den Kontrast erhöhen oder die gesamte Szene aufhellen – in Zeiten der digitalen Fotografie sind nachträgliche Korrekturen so einfach wie nie zuvor. Sind professionelle Fälscher am Werk, können Manipulationen jedoch meist nicht mehr mit dem bloßen Auge erkannt werden. Das wirft die Frage auf, inwieweit einem Digitalfoto vertraut werden kann – vor Gericht, seitens Versicherungen oder Medien. Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben neue technische Methoden entwickelt, die helfen, Manipulationen zuverlässig und einfach aufzudecken.
Kriminaltechniker, die ein Digitalfoto auf seine Echtheit prüfen, machen sich zwei Quellen der Manipulation zu Nutze: Zum einen Spuren, die die Fotosoftware selbst hinterlassen hat und zum anderen Unstimmigkeiten, die die allgemeinen Eigenschaften einer Bildszene oder einer Kamera betreffen. Solche allgemeinen Eigenschaften sind beispielsweise die Lichteffekte auf einem Foto. Die Wissenschaftler um Dr. Christian Riess vom Lehrstuhl für Mustererkennung (Prof. Dr. Joachim Hornegger) haben die Lichtfarbe als komplett neues Merkmal für die digitale Bildforensik untersucht. Diese variiert je nach Umgebung – Blitzlicht erzeugt eine andere Farbtemperatur als beispielsweise Raumbeleuchtung oder Sonnenlicht. Die jeweiligen Temperaturen lassen sich per Computer für bestimmte Bildausschnitte sehr genau schätzen. Passen die Ergebnisse einzelner Bereiche nicht zusammen, dann wurde das Bild nachträglich verändert.
Lichteinfall gibt Aufschluss
Darüber hinaus haben die Informatiker die Richtung des Lichteinfalls untersucht und ein bereits existierendes Verfahren verbessert. Grundsätzlich fallen einem Betrachter leichte Änderungen in der Lichtrichtung kaum auf, allerdings kann mit algorithmischen Methoden der Einfallswinkel auf verschiedene Objekte relativ exakt eingegrenzt werden. Werden in ein Foto Personen eingefügt, unterscheidet sich mit ziemlicher Sicherheit deren Beleuchtung, wenn auch nur minimal. Bisher konnten nur Oberflächen aus einem einzigen Material wie der Jacke einer Person als Bezug herangezogen werden. Mit dem Verfahren, dass die FAU-Forscher entwickelt haben, können sie nun den Lichteinfall auf unterschiedlichen Materialien wie Kleidung, Haut oder Haaren analysieren. Die Vorteile dabei: Die Ergebnisse werden deutlich zuverlässiger und die Methode dem Einsatz Alltag wieder ein Stück nähergekommen.
Wichtige Schritte hin zur Praxistauglichkeit, haben die Wissenschaftler gemacht, wenn es gilt, verräterische Spuren der Fotosoftware zu finden. Eine vergleichsweise einfache und weit verbreitete Möglichkeit, Fotos zu verändern, sind so genannte Copy-Move-Fälschungen: Dabei werden einzelne Teile eines Motivs mit einer Art digitalem Stempel retuschiert. Die Forscher unterzogen insgesamt 15 bestehende Verfahren, die diese Manipulation aufdecken, über zwei Jahre hinweg einer Vielzahl von Tests. Herausgekommen ist ein Programm, das Copy-Move-Fälschungen anhand einheitlicher Kriterien zuverlässig erkennt.
Spuren der Foto-Software
Ebenfalls im Fokus der Forscher stand eine Methode, die Veränderungen an Fotos im JPEG-Format findet und auf der Zahl der Dateikomprimierungen basiert. Wird ein Foto in diesem Dateiformat abgespeichert, hinterlässt der Vorgang digitale Spuren. Wird jedoch ein Bild retuschiert, verschwinden diese Spuren – allerdings ausschließlich an den betreffenden Stellen. Bei einem manipulierten Foto existieren also Ausschnitte, die nur einmal und zwar von der Fotosoftware komprimiert wurden sowie originale Bereiche, die sowohl von der Kamera als auch von der Software komprimiert wurden. Mit diesem Wissen trainierten die Forscher anhand von Beispielen ein Programm, das automatisch Bildausschnitte erkennt, in denen die Zahl der Komprimierungen abweicht.
Ein wichtiges Einsatzgebiet der Bildforensik ist die Strafverfolgung. Obwohl digitale Fotos sich noch nicht als Beweis vor Gericht durchgesetzt haben, gibt es Situationen, in denen die Bilder selbst Gegenstand der Verhandlung sind. In den USA argumentierten Angeklagte zum Beispiel damit, dass Fotos mit kinderpornografischen Inhalten gar nicht echt seien, sondern nachträglich entsprechend bearbeitet wurden. Die Strafverfolger mussten daraufhin beweisen, dass die Fotos nicht manipuliert waren, sondern tatsächliche Dokumente einer Straftat. Auch Sicherheitsbehörden dürften an einer praxistauglichen Software Interesse haben: Viele Bildfälschungen sind politisch motiviert und werden in der Öffentlichkeit für Propaganda-Zwecke eingesetzt oder um unliebsamem Zeitgenossen zu schaden. Ebenfalls nützlich dürften die wissenschaftlichen Erkenntnisse für Versicherungen sein. Neben den üblichen Schadensberichten wird häufig auch Bildmaterial herangezogen, das bisher jedoch nicht automatisch auf Echtheit geprüft wird. Dies könnte sich in Zukunft ändern, wenn es Programme gibt, die sich in den Arbeitsablauf der Unternehmen problemlos integrieren lassen.
(Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 02.04.2013 – KBE)