Klima

Arktis: Weniger Meereis als im Vorjahr

Meereisminimum zeigt erneut überdurchschnittliche Schmelze im Nordpolarmeer

Offenes Meer statt dickem Eis: Meereis nördlich von Grönland © Alfred-Wegener-Institut

Der Eisschwund hält an: Die Ausdehnung des arktischen Meereises ist erneut geschrumpft, wie aktuelle Satellitenmessungen belegen. Demnach ist die Eiskappe über dem Nordpol momentan nur noch 4,4 Millionen Quadratkilometer groß – das ist weniger als 2017 um die gleiche Zeit. Vor allem die Nordostpassage war in diesem Sommer nahezu eisfrei. Das Meereis-Minimum erreicht damit 2018 den sechstkleinsten Wert seit Beginn der Messungen, wie Eisforscher berichten.

Alljährlich zum Sommerende im September erreicht das arktische Meereis seine kleinste Ausdehnung – und nahezu jedes Jahr bleibt weniger von der nordpolaren Eiskappe übrig. Kein Wunder: Der Klimawandel bringt immer neue Wärmerekorde und heizt gerade die Arktis überproportional stark auf. Als Folge beobachten Forscher sogar schon im Februar 2018 einen neuen Rekord-Eisschwund des arktischen Meereises.

Überdurchschnittlich starke Schmelze

Jetzt haben Wissenschaftler unter anderem des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven die aktuellen Werte für das Jahresminimum 2018 ermittelt – und sie sind nicht gut. Denn erneut ist die Eisdecke auf dem Nordpolarmeer geschrumpft. Ihre Fläche erreichte Mitte September nur noch 4,4 Millionen Quadratkilometer, das sind 300.000 Quadratmeter weniger als 2017 und es ist der sechstkleinste Wert seit Beginn der Messungen im Jahr 1979, wie die Forscher berichten.

Fläche des arktischen Meereises im Vergleich zu den Vorjahren © Meereisportal

„Das aktuelle Ergebnis bestätigt den besorgniserregenden Abnahmetrend des Meereises in der Arktis, den wir nun schon seit mehr als einem Jahrzehnt beobachten“, sagt Christian Haas vom Alfred-Wegener-Institut. Das diesjährige Sommerminimum liege erneut deutlich unter dem Langjahresmittel von 1979 bis 2006. „Auch in der Antarktis, wo die Meereisbedeckung in ein paar Wochen ihr jährliches Maximum erreichen wird, gibt es weniger Eis als im Mittel.“

Freie Fahrt durch die Nordostpassage

Besonders stark getaut ist das Meereis in diesem Sommer im Ostatlantik und in den russischen Schelfmeeren. „Der deutsche Forschungseisbrecher Polarstern befindet sich gerade auf dem Weg in die Laptewsee. Im Gegensatz zu früheren Expeditionen muss das Schiff diesmal jedoch kein Eis brechen, sondern fährt unbehelligt am Südrand des Eises seinem Zielgebiet entgegen“, berichtet Haas. „So wenig Eis nördlich der Nordostpassage gab es nur in fünf Prozent der Sommer zwischen 1979 und 2016.“

Meereisdichte und -verteilung in der Arktis am 12. September 2018 © Meereisportal

Die Schifffahrt durch die Nordostpassage hat von Ausweitung der eisfreien Meeresgebiete profitiert: Reedereien in diesem Sommer bis zu 80 Prozent mehr Waren durch die Nordostpassage transportieren als noch im vergangenen Jahr. Tank- und Frachtschiffe fahren inzwischen regelmäßig durch die von Russland kontrollierten Meeresgebiete – oft noch begleitet von Eisbrechern. Aktuell ist sogar das erste Containerschiff mit Eisklasse zu Testzwecken auf der Strecke unterwegs.

Treibeis in der Nordwestpassage

Anders ist die Lage in der Nordwestpassage und der kanadischen Beaufortsee: „Anders als in den Vorjahren verhindert dichtes Treibeis die Fahrt durch die Inselwelt des kanadischen Archipels“, berichtet Lars Kaleschke von der Universität Bremen. Der Grund dafür ist ein anhaltendes Hochdruckgebiet, das die Meeresströmungen veränderte und vermehrt dickes, mehrjähriges Eis von Norden in die Beaufortsee transportierte. Gleichzeitig war die Luft über dem kanadischen Archipel im August bis zu vier Grad kälter als im langjährigen Monatsdurchschnitt, wie die Forscher berichten.

Auch am Nordpol ist das Meereis in diesem Herbst ungewöhnlich dick, wie Eisforscher an Bord des schwedischen Eisbrechers Oden im August beobachteten. „Die Meereissituation in der Arktis unterscheidet sich von Ort zu Ort deutlich. Es gibt noch immer Gebiete, die sogar für Eisbrecher unpassierbar sind“, sagt Haas. „Und wo in diesem Jahr wenig Meereis ist, kann im nächsten Jahr deutlich mehr sein, selbst wenn wir insgesamt deutlich weniger Meereis in der Arktis haben als noch vor 20 Jahren.“

(Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)/ Universität Bremen, 14.09.2018 – NPO)

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