Wissenschaftliche Forschung und praktische Resultate befruchteten sich bei Fraunhofer stets gegenseitig. Er war kein Forscher, dessen Wissen in Bibliotheken verstaubte. Stattdessen nutzte er seine Erkenntnisse über die Eigenschaften des Lichts zur Verbesserung von Glassorten und zur Konstruktion leistungsstarker Teleskope – und seine selbst entwickelten Instrumente wiederum zur Durchführung wissenschaftlicher Experimente.
In gewisser Hinsicht wurde Fraunhofer damit zu einem Wegbereiter der modernen, anwendungsorientierten Forschung. Dies inspirierte die Gründer einer Forschungsgesellschaft im Jahr 1949 dazu, den Optiker und Physiker als ihren Namenspatron zu wählen. Die Fraunhofer-Gesellschaft betreibt heute mehr als 80 Forschungseinrichtungen in Deutschland, die sich der wissenschaftlichen Arbeit und deren praktischen Anwendung für innovative Produkte verschrieben haben. Damit gehört sie zu den größten Organisationen dieser Art in Europa.
Siegeszug der Spektroskopie
Doch Fraunhofer lebt nicht nur im Namen dieser Institute weiter. Mit seinen Arbeiten gab er den Anstoß für Fortschritte im Bereich der Optik, die aus unserer heutigen Welt kaum noch wegzudenken sind. Allen voran begann mit der Entdeckung der Fraunhofer-Linien der Siegeszug der optischen Spektroskopie.
Sie ermöglicht es Astrophysikern, die Zusammensetzung unserer Sonne, fremder Sterne oder kosmischer Staubwolken zu analysieren und Elemente im All nachzuweisen. Auch die Temperatur von Himmelskörpern, ihre Entfernung zur Erde und die Geschwindigkeit, mit der sie sich fortbewegen, lässt sich mithilfe von Spektralanalysen herausfinden.
„Er brachte uns die Gestirne näher“
Schätzungen zufolge beruhen inzwischen rund 80 Prozent aller astronomischen Arbeiten auf der Analyse von Spektrallinien. Daraus gewonnene Erkenntnisse haben unser Bild über den Kosmos von Grund auf verändert. Ohne die Spektroskopie wüssten wir heute im Prinzip fast nichts über das Universum – es wäre ein noch viel größeres Mysterium als ohnehin schon.
Neben der Astronomie hat die Spektroskopie aber auch viele andere Bereiche der Naturwissenschaften und Technik revolutioniert. Umweltforscher können mit ihrer Hilfe unter anderem Hinweise auf die Luftverschmutzung erhalten, Mediziner den Sauerstoffgehalt im Blut ermitteln, Materialwissenschaftler die Eigenschaften neuer Werkstoffe erforschen und, und, und.
„Approximavit sidera“ – „Er brachte uns die Gestirne näher“: Diese Inschrift zierte einst Fraunhofers Grab, der im Alter von 39 Jahren an Lungentuberkulose starb. Doch der für seine Verdienste bereits zu Lebzeiten in den Adelsstand erhobene Forscher tat weit mehr. Sein Wirken hallt bis heute nach.
Daniela Albat
Stand: 09.11.2018