Im Zentrum unserer Milchstraße liegt ein echter Exot: ein stark magnetisierter Neutronenstern, der nur 0,3 Lichtjahre vom massereichen Schwarzen Loch entfernt ist. Durch dessen enorme Schwerkraftwirkung sind auch die Radiopulse des Magnetars extrem ungewöhnlich, wie nun Astronomen festgestellt haben. Das Spannende daran: Sie ähneln verblüffend den Signalen der ultrakurzen Radioblitze, die Forschern schon seit Jahren Rätsel aufgeben.
Magnetare sind schnell rotierende Neutronensterne, die extrem starke Magnetfelder besitzen. Sie senden typischerweise eng fokussierte Strahlenbündel aus, die wie das Licht eines Leuchtturms regelmäßig aufblinken. Im Gegensatz zu den eng verwandten Pulsaren liegen diese Pulse bei Magnetaren jedoch nur sehr selten im Radiobereich. Doch 2013 entdeckten Astronomen eine Ausnahme – einen Magnetar mitten im Zentrum unserer Milchstraße.
Direkt am Schwarzen Loch
Der Magnetar PSR J1745-2900 ist aber noch in anderer Hinsicht einzigartig: Er liegt extrem nahe am supermassereichen Schwarzen Loch der Milchstraße. Nur 0,3 Lichtjahre trennen den Neutronenstern von Sagittarius A* – damit liegt er im unmittelbaren Einflussbereich dieses Schwerkraftriesen. „So nahe an einem Schwarzen Loch liegt kein anderer Magnetar“, sagt Aaron Pearlman vom California Institute of Technology (Caltech).
Überraschend ist dies vor allem deshalb, weil Astronomen zuvor lange vergeblich nach Pulsaren im Milchstraßenzentrum gesucht hatten. Denn solche Neutronensterne nahe am Schwarzen Loch würden sich besonders gut dafür eignen, die Wirkung extremer Schwerkraft auf Strahlung und Materie zu testen – und damit Einsteins Relativitätstheorie.
Ungewöhnliche Puls-Struktur
Ob die Nähe des Schwarzen Lochs den Magnetar und seine Radiopulse beeinflusst und wie, haben nun Pearlman und sein Team mithilfe der Radioteleskope des Deep Space Networks der NASA untersucht. Dank der leistungsfähigen Antennen gelang es ihnen erstmals, die genaue Struktur und Dauer der Radiopulse aufzuschlüsseln.
Und tatsächlich: Die Radiopulse dieses Magnetars weichen in vieler Hinsicht von den Signalen normaler Pulsare ab. Durch den Einfluss des starken Magnetfelds, aber auch die gravitativen Störwirkungen des nahen Schwarzen Lochs sind die Pulse von PSR J1745-2900 extrem variabel, wie die Forscher berichten. Sowohl ihre Frequenzverteilung, als auch die Dichte der Radiowellen innerhalb der einzelnen Pulse schwanken stark.
Die Radiopulse des Magnetars sind zudem stark linear polarisiert, wie die Astronomen feststellten. Dadurch sind die Wellenkämme der Radiowellen nicht ungeordnet und zufällig ausgerichtet, sondern sie zeigen fast alle in die gleiche Richtung.
Quelle der Fast Radiobursts?
Das Spannende daran: Mit diesen Merkmalen ähneln die Radiopulse des Magnetars PSR J1745-2900 verblüffend den mysteriösen Fast Radiobursts (FRB). Diese ultrakurzen, aber extrem energiereichen Radiosignale geben den Astronomen schon seit einigen Jahren Rätsel auf. Denn sie scheinen zwar vorwiegend aus dem extragalaktischen Raum zu stammen, ihre Quellen und Ursachen aber sind unbekannt. Bisher sind zudem erst zwei Orte im Weltall bekannt, die nicht nur einmalige, sondern wiederkehrende Radiobursts aussenden.
Könnten diese geheimnisvollen Radioblitze demnach von Magnetaren im Umfeld massereicher Schwarzer Löcher ausgehen? Tatsächlich haben Astronomen genau dies bereits Anfang 2018 vermutet. Denn ihrer Ansicht nach kann nur ein extrem starkes Magnetfeld die Polarisation der Radiobursts erklären – und genau dies haben nun auch Pearlman und sein Team beim Magnetar PSR J1745-2900 nachgewiesen.
„Unsere Beobachtungen zeigen, dass ein Radio-Magnetar Pulse mit sehr ähnlichen Merkmalen wie einige der Fast Radiobursts erzeugen kann“, sagt Pearlman. Zwar sind die Pulse von PSR J1745-2900 viel schwächer als die extragalaktischen Radioblitze. Dennoch könnte nach Ansicht der Forscher hier eine vielversprechende Spur zu den Ursachen der ultrakurzen Radioblitze liegen: „Eine extreme Version eines solchen Magnetars könnte durchaus Radiobursts wie FRB 121102 produzieren“, so die Astronomen. (The Astrophysical Journal, 2018; doi: 10.3847/1538-4357/aade4d)
Quelle: California Institute of Technology