Aromatisch statt wässrig: Forscher haben eine Genvariante identifiziert, die Tomaten besonders aromatisch macht. Wie DNA-Vergleiche hunderter Sorten zeigen, fehlt vielen Kulturtomaten ausgerechnet dieses Geschmacksgen – in wilden Sorten ist die Genvariante dagegen häufig vorhanden. Die neue Erkenntnis könnte nun dazu beitragen, moderne Tomatenzüchtungen wieder aromatischer zu machen.
Die Tomate (Solanum lycopersicum) gehört zu den am meisten konsumierten Gemüsearten weltweit. Wie etliche andere Nutzpflanzen auch hat das Nachtschattengewächs im Laufe seiner Kultivierung erheblich an genetischer Vielfalt eingebüßt. „Tomatenzüchter haben in der Vergangenheit vor allem auf Faktoren wie große und viele Früchte oder lange Lagerfähigkeit gesetzt. Viele Gene, die für andere Eigenschaften der Tomate wichtig sind, gingen bei diesem Prozess verloren“, erklärt James Giovannoni von der Cornell University in Ithaca.
Knapp 5.000 neue Gene
Zu diesen verlorenen gegangenen Merkmalen gehören unter anderem die Resistenz gegenüber Krankheitserregern – und der aromatische Geschmack. Gerade größere Sorten aus dem Supermarkt schmecken oftmals wässrig anstatt vollmundig „tomatig“. Wie könnte man modernen Kulturtomaten wieder mehr Geschmack verleihen?
Antworten auf diese Fragen haben Giovanni und seine Kollegen um Erstautor Lei Gao nun im Genom der Tomate gesucht. Für ihre Studie analysierten sie das Erbgut von insgesamt 725 unterschiedlichen Kultursorten und eng mit der kultivierten Pflanze verwandten Wildtomaten. Auf diese Weise identifizierten sie 4.873 neue Gene, die im offiziellen Referenzgenom für die Tomate noch nicht enthalten sind.
Unterschied zwischen wild und kultiviert
Dabei stießen die Wissenschaftler auf eine besondere und bisher unbekannte Variante eines Gens namens TomLoxC. Diese Genvariante kommt nur in zwei Prozent aller älteren und in sieben Prozent der neueren domestizierten Tomatensorten vor. Sie ist aber in 91 Prozent aller untersuchten Wildtomaten mit ihren typischen kleinen Früchten vorhanden, wie das Team herausfand. Auch Solanum pimpinellifolium, der wilde Vorgänger der kultivierten Tomate, trägt dieses besondere Allel in seinem Genom.
Weitere Untersuchungen offenbarten: Ausgerechnet diese Genvariante scheint für einen besonders leckeren Geschmack verantwortlich zu sein. „Das Gen beeinflusst das Fruchtaroma, indem es die Biosynthese flüchtiger Aromastoffe aus Fetten katalysiert“, berichtet Giovanni. „Außerdem bildet es für den Geschmack wichtige Stoffe aus Carotinoiden. Das sind die Pigmente, die einer Tomate ihre rote Farbe verleihen.“
Bessere Widerstandsfähigkeit
Doch nicht nur in Sachen Geschmack lieferten die Genanalysen interessante Einblicke. Die Vergleiche wilder und kultivierter Tomatengenome offenbarten auch eine Reihe von DNA-Abschnitten, die für die Abwehr unterschiedlicher Krankheitserreger eine Rolle spielen – sie fehlen bei den Kulturpflanzen häufig.
„Diese Gene könnten künftig die Entwicklung von Tomatensorten ermöglichen, die weniger anfällig oder sogar resistent gegenüber Krankheiten sind, die wir derzeit noch mit Pestiziden oder anderen kostenintensiven und umweltschädlichen Maßnahmen bekämpfen“, sagt Giovanni.
Alles in allem könnten von den neuen Einblicken ins Tomatengenom folglich sowohl Wirtschaft als auch Verbraucher profitieren: „Die von uns neu entdeckten Gene stellen für Forscher und Züchter zusätzliche Möglichkeiten dar, die Tomate qualitativ weiter zu verbessern“, schließen die Forscher. (Nature Genetics, 2019; doi: 10.1038/s41588-019-0410-2)
Quelle: Nature Press/ US Department of Agriculture/ Boyce Thompson Institute