Wenn man Nikola Tesla, Steve Jobs, Willi Brandt und Albert Schweizer in einer Person zusammenfassen könnte, dann käme möglicherweise ein Multitalent wie Benjamin Franklin dabei heraus. Denn der 1706 in Boston geborene Sohn eines Seifenmachers hat sich im Laufe seines Lebens nicht nur zu einem genialen Erfinder und neugierigen Forscher entwickelt, er war auch Journalist, Philanthrop, Diplomat, Unternehmer und Politiker.
Im Gegensatz zu vielen verkannten Genies, war Franklin schon zu Lebzeiten ein echter Superstar. Nicht nur in den USA, auch in Europa kannte und umschwärmte man den genialen Tausendsassa. „Sein Ruhm ist größer als der von Newton, Friedrich dem Großen oder Voltaire, sein Charakter wird mehr gepriesen als der aller drei zusammen“, schrieb John Adams, Mit-Gründervater und zweiter Präsident der USA. „Es gibt kaum einen Fuhrmann oder eine Küchenmagd, die ihn nicht als Freund der gesamten Menschheit verehrt.“
Bescheidene Anfänge
Doch bei allem Ruhm – die Anfänge Benjamin Franklins sind eher bescheiden: Als 15. Kind eines englischen Auswanderers geboren, scheinen seine Bildungs- und Karrierechancen eher begrenzt. Tatsächlich schickt ihn sein Vater Josiah Franklin erst mit acht Jahren in die Schule. Obwohl der Junge sich als begabt und sehr lernfähig erweist, dauert seine Schullaufbahn dann nur zwei Jahre. Statt Mathematik, Latein und Englisch zu büffeln, arbeitet Franklin danach im Laden seines Vaters mit und beginnt mit zwölf eine Druckerlehre bei seinem älteren Bruder James.
Franklin aber will mehr: Noch während der Lehrzeit nutzt er die Chance, die die in der Druckerei reichlich verfügbaren Bücher und Zeitungen ihm geben. Er liest nahezu alles, was ihm unter die Finger kommt und beginnt gleichzeitig, sich im Schreiben zu schulen. Zu Übungszwecken verfasst er Essays im Stil bekannter Schriftsteller, versucht sich aber auch bereits an eigenen Texten. Diese schiebt er unter einem Pseudonym seinem Bruder unter, der sie dann nichtsahnend in seiner Zeitung veröffentlicht.
Der Prototyp des Self-Made-Mans
Für Franklin ist klar: Nur wer sich ständig weiterbildet, kann im Leben etwas erreichen. Um seinen Horizont zu erweitern, gründet er mit 21 Jahren den Junto-Club, einen Diskussions- und Weiterbildungszirkel. Die Teilnehmer diskutieren über gesellschaftliche, wissenschaftliche und philosophische Themen und leisten auch praktische Hilfe. Franklin und seine Clubkollegen initiieren die Gründung der ersten öffentlichen Bücherei, einer freiwilligen Feuerwehr und später der American Philosophical Society – einer bis heute existierende Institution. Franklin startet zudem eine Kampagne zur Finanzierung und Gründung des ersten öffentlichen Krankenhauses in Nordamerika.
Vorreiter des modernen Journalismus
Parallel nimmt Franklins unternehmerische und journalistische Karriere Fahrt auf. 1728 macht er sich selbständig und gründet in Philadelphia seine eigene Druckerei. Ein Jahr später übernimmt er seine erste Zeitung. Sie bildet den Anfang seiner Karriere als Journalist und Verleger – und seines steilen Aufstiegs zum Ruhm. Innerhalb weniger Jahre hat Franklin seinen Druckereibetrieb zu einer ganzen Kette von Filialen ausgeweitet. Sein Magazin „Poor Richard’s Almanack“ floriert, ebenso seine Zeitung „Pennsylvania Gazette“.
Als Journalist und Verleger vertritt Franklin konsequent ein Prinzip, das heute als Basis des modernen Journalismus gilt: „Wenn Menschen unterschiedlicher Meinung sind, dann sollten beide Seiten gleichermaßen den Vorteil haben, von der Öffentlichkeit gehört zu werden“, schrieb er in einem Artikel. Franklin vertritt damit konsequent eine ausgewogene und unabhängige Berichterstattung – ein zu seiner Zeit eher neues Konzept.
Gespür fürs Image
Und noch etwas lernt Franklin in seiner Zeit als Autor und Herausgeber: den Wert von Marketing und einem guten Image. Ihm wird klar, dass der Schein für die Öffentlichkeit oft wichtiger ist als das Sein und nutzt dies geschickt aus. In seinen Zeitungen wirbt er mit schlagkräftigen Argumenten für Ideen und Produkte, die er für wichtig und gut hält. Später kommt ihm dieses Marketing-Talent bei seiner politischen Tätigkeit zugute.
Doch auch vor kleinen Image-Tricks scheut Franklin nicht zurück: Um den Eindruck eines hart arbeitenden Unternehmers zu machen, zeigt er sich bewusst schon am frühen Morgen und spät abends in der Druckerei. Selbst wenn er zwischendurch Pausen macht oder nach Hause zurückkehrt, „verkauft“ er sich damit als unermüdlichen Arbeiter. Allerdings ist dies keine reine Fassade: Franklin ist ein echter Hans Dampf in allen Gassen und ein Arbeitstier. Neben seiner Tätigkeit als Verleger, Journalist, Drucker und Philanthrop weckt nun die Wissenschaft mehr und mehr sein Interesse…