Klima

Klimawandel: Zu heiß für den Haddsch?

Hitze in Mekka und anderen islamischen Pilgerstätten könnte tödliche Werte erreichen

Mekka
Die Pilgerfahrt nach Mekka ist für fromme Moslems ein Muss, doch der Klimawandel könnte die Bedingungen dabei lebensfährlich werden lassen. © MIT

Tödliche Pilgerfahrt? Die heiligen Stätten des Islam könnten schon bald zu heiß für viele pilgernde Moslems werden. Denn wenn der Haddsch in den Sommer fällt, werden in Mekka und Umgebung immer häufiger lebensgefährliche Kombinationen von Hitze und Schwüle herrschen, wie Forscher ermittelt haben. Um 2050 könnten schon 20 Prozent der Pilgerfahrt-Termine diese Schwelle überschreiten, bis zum Jahr 2080 sogar 40 Prozent, so die Prognosen.

Einmal im Leben schreibt der Islam seinen Anhängern eine Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten vor. Im Rahmen dieser mehrere Tage dauernden Haddsch besuchen die Pilger dann die Kaaba in Mekka, aber auch weitere Stätten in der Umgebung. Wann diese jährliche Pilgerfahrt stattfindet, richtet sich dabei nach dem Mondkalender, dadurch verschiebt sich das Datum jedes Jahr um einige Tage nach vorne. Zurzeit liegt der Haddsch im Sommer und auch 2047 bis 2052 und von 2079 bis 2086 wird diese Pilgerfahrt zur heißesten Zeit des Jahres stattfinden.

Arafat
Haddsch-Pilger am Berg Arafat. © Omar Chatriwala/ AL Jazeera en, CC-by-sa 2.0

Hitzehölle Naher Osten

Das Problem dabei: Mekka und Co liegen in Saudi-Arabien und damit in einer Region, die schon jetzt zu den heißesten der Erde gehört. „Seit den 1970er Jahren sind die Temperaturen hier signifikant angestiegen und auch die Häufigkeit der Hitze-Extreme hat sich erhöht“, berichten Suchul Kang vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und seine Kollegen. Liegt der Haddsch im Sommer, kommt es schon jetzt häufig zu Gesundheitsproblemen gerade bei älteren Pilgern.

Doch es wird noch schlimmer: Prognosen zufolge könnten schon bei einer globalen Erwärmung um nur zwei Grad Teile des Nahen Ostens und der Arabischen Halbinsel nahezu unbewohnbar werden. Bei einer ungebremsten Erwärmung könnten dort bis Ende des Jahrhunderts immer häufiger sogar lebensbedrohliche Klimabedingungen auftreten. Bei diesen erreicht die Kombination von Hitze und Feuchtigkeit – die sogenannte Kühlgrenztemperatur – eine tödliche Schwelle, weil der Körper sich dann nicht mehr durch Verdunstung von Schweiß kühlen kann.

Pilgerfahrt in Gefahr?

Was aber bedeutet dies für die islamische Pilgerfahrt Haddsch? Ab wann müssen ihre Teilnehmer und Veranstalter mit einer akuten Klimagefahr rechnen – und wie oft? Kang und seine Kollegen haben dies mithilfe dreier Klimamodelle untersucht. Dafür modellierten sie die Bedingungen in Mekka und Umgebung unter einem Szenario mit gemäßigtem und mit ungebremstem Klimawandel (RCP 4.5 und 8.5)

Dann ermittelten sie, wie oft die Haddsch-Teilnehmer der als „extrem gefährlich“ klassifizierten Kühlgrenztemperatur von 29,1 Grad ausgesetzt wären. Unter diesen Bedingungen liegt die Temperatur über 29 Grad und die Luftfeuchte bei mindestens 45 Prozent. „Bisher wurde dieser Schwellenwert bei den im Sommer liegenden Pilgerfahrten noch nie überschritten“, berichten Kang und sein Team.

Gefahrenschwelle überschritten

Das aber wird sich ändern: Bei ungebremstem Klimawandel könnte diese Gefahrenschwelle schon im Jahr 2020 überschritten werden – wenn auch nur mit sechsprozentiger Wahrscheinlichkeit. In der Phase 2045 bis 2052 steigt das Risiko jedoch schon auf 20 Prozent, in der Zeit von 2079 bis 2086 sogar auf 40 Prozent, wie die Forscher ermittelten. Schon deutlich früher werde das Sommerklima in Mekka und Umgebung jedoch Werte erreichen, die zwar nicht potenziell tödlich, wohl aber für ältere Menschen und geschwächte Pilger gesundheitsgefährdend sein können.

„Ein Großteil der Aktivitäten während der Pilgerfahrt finden draußen statt“, sagt Koautor Elfatih Eltahir vom MIT. Die Pilger verbringen Stunden damit, in der sengenden Sonne die Kaaba in Mekka zu umrunden oder auf dem heiligen Berg Arafat zu beten. Kombiniert mit dem starken Gedränge bei diesen Anlässen könnte es dadurch in Zukunft immer häufiger zu Fällen von Kreislauf-Kollaps, aber auch zu Massenpaniken kommen. Schon in den Haddsch-Jahren 1990 und 2015 gab es durch solche Ereignisse hunderte von Toten.

Was kann man tun?

„Je gravierender die Wetterbedingungen sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Gedränge wieder zu solchen Vorkommnissen führt“, sagt Eltahir. Um das zu verhindern, müsse man schon jetzt entsprechende Strategien entwickeln. Dazu könnte ein Sonnenschutz an den heiligen Stätten gehören und Abkühlungsmöglichkeiten. Eine weitere Strategie könnte darin bestehen, dass gerade ältere Moslems ihre Pilgerfahrt in den Jahren einplanen, in denen die Haddsch-Termine nicht auf den Hochsommer fallen.

Wenn allerdings ein Großteil der islamischen Pilger dieser Strategie folgt, könnte dies ebenfalls fatale Folgen haben: „Schon jetzt nehmen jedes Jahr rund zwei bis drei Millionen Pilger am Haddsch teil“, erklären die Forscher. Würden diese sich in nur noch einigen Jahren konzentrieren, wäre der Andrang enorm und würde die lokale Infrastruktur heillos überlasten. „Möglicherweise wird es dann nötig werden, der Haddsch auf die Pilger zu begrenzen, die nachweislich guter Gesundheit sind“, sagen Kang und seine Kollegen.

Klar scheint: Die Bedingungen für die islamische Pilgerfahrt werden härter werden. Für die 1,8 Milliarden Moslems weltweit könnte es damit erheblich schwieriger und unangenehmer werden, ihre obligatorische Pilgerfahrt zu absolvieren. (Geophysical Review Letters, 2019; doi: 10.1029/2019GL083686)

Quelle: Massachusetts Institute of Technology (MIT)

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