Grüne Explosion: Der Vulkan Kilauea auf Hawaii löste 2018 eine massive Algenblüte aus – allerdings anders als bisher vermutet. Wie Forscher herausgefunden haben, gelangten damals nicht nur mit der ins Meer strömenden Lava das Algenwachstum antreibende Nährstoffe ins Wasser. Zusätzlich sorgten die heißen Massen auch für eine Erwärmung des Tiefenwassers. Dieses stieg als Folge nach oben und brachte Stickstoffverbindungen mit. Erst durch diese Düngung kam es dann zu der ungewöhnlichen grünen Blüte.
Der rund 1.247 Meter hohe Kilauea auf Hawaiis Big Island ist einer der aktivsten Vulkane der Erde. Der von einem Hotspot gespeiste Schildvulkan ist normalerweise für seine eher ruhigen Eruptionen bekannt. Doch im Mai 2018 kam es zu einem ungewöhnlich heftigen Ausbruch. Dabei rissen mehrere neue Lavaspalten auf, die Erde bebte und hunderte Menschen mussten aus der Gefahrenzone evakuiert werden.
Der Lavastrom des Vulkans sorgte allerdings nicht nur für Zerstörung: Er brachte auch neues Leben hervor. So entwickelte sich innerhalb weniger Tage eine massive Algenblüte im Meer. Angetrieben durch die ins Wasser fließende Lava begannen Kieselalgen und Cyanobakterien wie Trichodesmium regelrecht zu wuchern. Es bildete sich ein riesiger grüner Teppich im Pazifik, der erst nach Wochen aufhörte, weiter zu wachsen.
Lava und Vulkanasche als Dünger
Um mehr über dieses faszinierende Phänomen in Erfahrung zu bringen, begaben sich Samuel Wilson von der University of Hawaii in Manoa und seine Kollegen damals schnellstmöglich an den Ort des Geschehens. Mithilfe von Wasseruntersuchungen rund um den Ausbruchsort wollten sie Veränderungen der Wasserchemie und den damit zusammenhängenden biologischen Veränderungen nachspüren.
Ihre Vermutung: Durch die Lavaströme könnten größere Nährstoffmengen ins Wasser gelangt sein, die das Wachstum von Algen fördern. Außerdem könnte auch Eisen aus der abregnenden Vulkanasche die Entstehung der Algenblüte befeuert haben – ein Zusammenhang, der aus anderen Situationen bereits bekannt war.
Rätselhafter Nitrat-Anstieg
Bei den Analysen stellte sich jedoch heraus: Der grüne Teppich im Meer hatte zum Teil andere Ursachen als vermutet. So stellten die Wissenschaftler fest, dass es neben den erwarteten Nährstoffeinträgen von Eisen und Phosphat vor allem auch zu einem plötzlichen Anstieg von Nitraten im Wasser gekommen war. Das Erstaunliche daran: In der Lava des Vulkans sind solche Stickstoffverbindungen gar nicht in nennenswerten Mengen enthalten.
Woher also kam all das Nitrat? Wie die Forscher berichten, deuteten Isotopenuntersuchungen auf einen Ursprung in der Tiefsee hin. Dies führte sie zu folgender Erklärung: Die heiße Lava erhitzte tiefe, nährstoffreiche Wasserschichten, die als Folge nach und nach an die Oberfläche aufstiegen – und dabei die in ihnen gelösten Stickstoffverbindungen mitbrachten.
Tiefenwasser als Erklärung
Tatsächlich bestätigten Modellsimulationen, dass der zeitliche Ablauf des Algenwachstums zu dieser Theorie passte. Demnach begann die massenhafte Vermehrung von Bakterien und Algen erst, nachdem der Auftrieb des vom Lavastrom erwärmten Tiefenwassers abgeschlossen war.
„Ein solches Aufwallen von Tiefenwasser kennen wir auch aus anderen Kontexten. Zum Beispiel werden auch die Kelpwälder vor der kalifornischen Küste durch Strömungen gedüngt, die Nährstoffe aus der Tiefe an die Oberfläche bringen. Dasselbe ist in Hawaii passiert, allerdings bedeutend schneller“, erklärt Mitautor Seth John von der University of Southern California Dornsife in Los Angeles.
Grüne CO2-Speicher
„Unsere Expedition hat eindrücklich gezeigt, wie ein massiver Eintrag von Nährstoffen marine Ökosysteme verändern kann, die eigentlich an nährstoffarme Bedingungen angepasst sind“, resümiert Wilson. Denn normalerweise sind die oberen Wasserschichten rund um die Hawaii-Inseln eher spärlich mit Nährstoffen angereichert.
Die durch die ungewöhnliche Düngung entstandene Algenblüte könnte einen durchaus positiven Effekt gehabt haben, wie er und seine Kollegen berichten. So bedeuten neu herangewachsene Algen auch eine vermehrte Aufnahme von Kohlenstoffdioxid. Alles in allem könnten die grünen Organismen demnach ungefähr so viel CO2 aufgenommen haben wie der Kilauea bei seinem Ausbruch in die Luft freisetzte. (Science, 2019; doi: 10.1126/science.aax4767)
Quelle: University of Southern California/ University of Hawaii Manoa