Giftiges Wachstum: In den letzten 30 Jahren kommt es in Seen weltweit zu immer intensiveren Algenblüten, wie nun eine Studie bestätigt. Demnach sind solche Massenvermehrungen von Algen bei zwei Dritteln der untersuchten Seen deutlich stärker geworden. In rund der Hälfte dieser Fälle kam es dabei zur Massenvermehrung giftiger Cyanobakterien, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Die Ursachen dafür sind jedoch vielfältig.
Ist ein Gewässer warm und nährstoffreich, finden Planktonalgen beste Voraussetzungen für eine massenhafte Vermehrung. Immer wieder kommt es dadurch in küstennahen Meeresgebieten, aber auch in Seen zu Algenblüten, die die ganze Wasseroberfläche grün oder rot verfärben können. Das Problem dabei: Häufig produzieren diese Algen und Cyanobakterien toxische Stoffe, die Meeresfrüchte verseuchen, Fische töten und auch Meeressäugern und uns Menschen schaden können. Studien deuten zudem darauf hin, dass anhaltende Überdüngung und der Klimawandel künftig noch mehr Algenblüten in Gewässern verursachen könnten.
Globale Seendaten aus 30 Jahren
Doch wie ist die aktuelle Lage? Ist schon jetzt eine Verschlimmerung der Algenblüten in Seen nachweisbar? Klar ist, dass diese Algen-Massenvermehrungen schon jetzt erhebliche Folgen nach sich ziehen: „Die toxischen Algenblüten beeinträchtigen die Trinkwasserversorgung, die Landwirtschaft, die Fischerei und auch Freizeit und Tourismus“, erklärt Erstautor Jeff Ho von der Carnegie Institution for Science in Stanford. „Allein in den USA verursachen solche Süßwasser-Algenblüten pro Jahr rund vier Milliarden US-Dollar Schaden.“
Um herauszufinden, wie sich die Algenblüten in Seen weltweit entwickelt haben, werteten Ho und sein Team Daten des Landsat-5-Satelliten zu 71 großen Seen in 33 Ländern und auf sechs Kontinenten aus. Auf Basis dieser hochauflösenden Daten konnten sie die Dauer und Intensität von Algenblüten in diesen Seen seit 1984 rekonstruieren. Es ist die erste globale Langzeitstudie zu diesem Phänomen, wie die Forscher berichten.
Intensivere Algenblüten in zwei Dritteln der Seen
Das Ergebnis: „Wir haben festgestellt, dass die Intensität der sommerlichen Algenblüten in mehr als zwei Dritteln der Seen zugenommen hat“, berichten die Wissenschaftler. Diese Zunahme war sowohl bei Cyanobakterien-Blüten als auch bei Seen ohne solche Blaualgen zu beobachten. Betroffen waren zudem Seen aller Formen, Volumen, Tiefen und Breitengrade, wie Ho und sein Team erklären. Nur bei sechs der 71 Seen hatten sich die Algenblüten in den letzten 30 Jahren leicht abgeschwächt.
„Dies deutet darauf hin, dass die beobachteten Trends global sind und für alle Seentypen gelten“, sagen die Forscher. „Die Algenblüten werden intensiver und breiten sich weiter aus – und das liegt nicht nur daran, dass wir diesem Problem heute mehr Beachtung schenken als noch vor einigen Jahrzehnten.“ Die neuen Daten bestätigen zudem frühere Indizien dafür, dass auch toxische Cyanobakterien-Blüten weltweit zunehmen.
Was sind die Ursachen?
Doch woran liegt dies? „Der Grund für diese Veränderungen in der Phytoplanktonblüte bleibt bislang unklar“, konstatieren die Forscher. Denn in ihren Daten konnten sie keine global gültigen Verknüpfungen mit steigenden Temperaturen, dem Nährstoffgehalt des Wassers oder geomorphologischen Merkmalen der Seen feststellen.
Einen auffallenden Faktor jedoch gibt es: Die sechs Seen, in denen sich die Algenblüten abgeschwächt haben, haben sich in den letzten 30 Jahren am wenigsten erwärmt, wie die Forscher berichten. Ihrer Ansicht nach könnte dies darauf hindeuten, dass der Klimawandel zumindest indirekt durchaus eine Rolle spielt. Denn wenn sich das Seewasser erwärmt, scheint dies den positiven Effekt von Maßnahmen gegen die Nährstoffschwemme in Teilen wieder zunichte zu machen. „Die steigenden Seetemperaturen könnten die Regeneration solcher Seen hemmen“, so Ho und sein Team.
„Unsere Ergebnisse unterstreichen in jedem Fall, wie wichtig es ist, die Faktoren zu identifizieren, die einige Seen gegenüber dem Klimawandel anfälliger macht“, sagt Hos Kollegin Anna Michalak. (Nature, 2019; doi: 10.1038/s41586-019-1648-7)
Carnegie Institution for Science