Physik

Whiskey: Tropfenmuster verrät Herkunft

US-Whiskeysorten erzeugen einzigartige Rückstandsmuster beim Eintrocknen

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Wenn ein mit Weasser verdünnter US-Whiskey eintrocknet, bleibt ein einzigartiges Netzmuster zurück (rechts). © Williams et al. / Phys. Rev. Fluids, CC-by-sa 4.0

Skurrile Alltagsphysik: Ein Tropfen genügt, um die Herkunft eines Whiskeys zu ermitteln. Denn beim Austrocknen entsteht ein subtiles, aber charakteristisches Muster, das amerikanische Whiskeys klar von schottischen unterscheidet, wie nun ein Experiment enthüllt. So bilden Bourbon und Co dabei ein feines, netzartiges Muster, die schottischen Whiskeys dagegen nicht. Schuld daran ist die unterschiedliche Lagerung, wie die Forscher berichten.

Ob die perfekte Pizza, brechende Spaghetti oder die Schichtung eines Latte Macchiato: Selbst hinter alltäglichen Phänomenen und Objekten steckt handfeste Physik. Sie erklärt, warum Wassertropfen beim Aufprallen spritzen, weshalb sich Schnürsenkel trotz Schleife oft lösen und warum Bier und Cappuccino weniger schwappen als Wasser oder purer Kaffee. Selbst das Muster, das ein eintrocknender Whiskeytropfen hinterlässt, ist pure Physik – und faszinierend vielfältig.

Das Fass macht den Unterschied

Doch solche Tropfenmuster sind nicht nur überraschend ästhetisch – sie können auch einiges über die Qualität und Herkunft des Whiskeys verraten, wie Stuart Williams und seine Kollegen von der University of Louisville herausgefunden haben. Anstoß für ihr Experiment war die Frage, ob schottische und amerikanische Whiskeys die gleichen Rückstandsmuster beim Eintrocknen hinterlassen.

„Ein typisches Merkmal amerikanischer Whiskeys ist, dass sie in neuen, angekohlten Eichenfässern gelagert werden“, erklären die Forscher. Schottische Whiskeys dagegen reifen in schon gebrauchten, nicht angekohlten Fässern. Weil diese Behälter weniger Schwebstoffe an den Whiskey abgeben als die angekohlte Variante, vermuteten die Forscher auch erkennbare Unterschiede in den Rückständen beider Whiskey-Arten.

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Verdunstungsmuster verschiedener verdünnter US-Whiskeysorten. a) Four Roses b) Heaven Hill c) Maker's Mark d) Jack Daniel's e)Pappy van Winkle f)Woodford Reserve © Williams et al. / Phys. Rev. Fluids, CC-by-sa 4.0

Einzigartige Netzmuster

Um dies zu testen, gaben sie jeweils einen kleinen Tropfen verschiedener amerikanischer und schottischer Whiskeysorten auf Glasobjektträger. Dann beobachteten sie unter einem Umkehr-Mikroskop, wie die Flüssigkeit langsam verdunstete und welche Rückstandsmuster sie dabei hinterließ. Zusätzlich wiederholten sie die Versuche mit verschiedenen Verdünnungsgraden und damit Alkoholgehalten.

Das überraschende Ergebnis: Während die unverdünnten Whiskeys eher gleichförmige, manchmal konzentrische Rückstände hinterließen, war dies bei den leicht verdünnten amerikanischen Whiskeys nicht der Fall: „Bei einem Alkoholgehalt von zehn Volumenprozent bildete sich eine unerwartete, netzähnliche Struktur“, berichten Williams und seine Kollegen. Jede US-Whiskeysorte erzeugte dabei ein anderes, einzigartiges Muster.

Folge von Micellen und Turbulenzen

Wie aber kommen diese „Whiskey-Netze“ zustande? Die Physiker führen dies auf das Verhalten des Whiskeys beim Verdünnen mit Wasser zurück. Demnach bilden sich in der Flüssigkeit während des Mischens Micellen – kleine Tröpfchen mit wasserabweisendem Innenleben und einer eher wasseraffinen Außenseite. Wenn dann der Whiskey einzutrocknen beginnt, entstehen turbulente Strömungen im Resttropfen, die diese Micellen platzen lassen.

Bei Whiskey mit vielen Schwebstoffen wie den amerikanischen Sorten, lagern sich diese Rückstände dann entlang der ehemaligen Grenzflächen dieser Micellen ab und bilden so die Netzstruktur. Weil sich die Größe und Dichte der Micellen zudem bei jeder Whiskeysorte unterscheidet, entstehen auch verschiedene Netzmuster. „Die angekohlten Eichenfässer und die Reifebedingungen spielen dafür eine entscheidende Rolle“, erklären Williams und sein Team.

Praktischer Nutzen

Doch die Whiskey-Muster sind nicht nur faszinierende Phänomene der Natur – sie könnten auch ganz praktischen Nutzen haben. Denn anhand dieser einfachen Tropfenprobe lässt sich leicht erkennen, ob ein US-Whiskey wirklich aus den USA kommt und ob er möglicherweise gepanscht ist. „Diese Technik könnte daher eingesetzt werden, um amerikanische Whiskey von Fälschungen zu unterscheiden“, so die Forscher. Aber auch Einblicke in den Reifegrad des Whiskeys könnten die Tropfenmuster geben. (Physical Review Fluids, 2019; doi: 10.1103/APS.DFD.2018.GFM.P0002)

Quelle: American Physical Societs (APS)

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