Entwarnung: Der Große Rote Fleck auf dem Jupiter schrumpft offenbar doch nicht – und wird auch nicht so schnell verschwinden. Denn auch wenn die sichtbare Größe dieses auffallend roten Wolkenwirbels schwankt, bleibt der darunter liegende Wirbelsturm stark, wie nun ein Planetenforscher erklärt. Demnach sind das scheinbare Schrumpfen und das Abschnüren von Wirbelteilen nur „Rülpser“ des Sturms, nicht aber ein Zeichen für sein nahendes Ende.
Der Große Rote Fleck ist wahrscheinlich das bekannteste Merkmal des Planeten Jupiter. Kein anderer Sturm im Sonnensystem ist so groß und so konstant wie er – die Erde würde in ihn rund dreimal hineinpassen. Schon vor mehr als 300 Jahren beobachteten Astronomen dieses Phänomen mit ihren einfachen Teleskopen. Heute weiß man, dass die Stürme des Jupiter mehr als 3.000 Kilometer in die Tiefe reichen und dass der Rote Fleck sogar so viel Energie erzeugt, dass er die Atmosphäre über sich extrem aufheizt.
Fleck schrumpft und „franst“ aus
Doch ein Phänomen gibt den Astronomen Rätsel auf: Schon seit 2012 scheint der Große Rote Fleck immer kleiner zu werden und auch seine Form zu verändern. Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop zeigen, dass seine ursprünglich ovale Form allmählich immer kreisrunder wird, gleichzeitig schrumpft er pro Jahr um durchschnittlich 930 Kilometer. Zudem tauchen im Umfeld des Sturms immer wieder kleinere Wolkenwirbel auf, die entweder mit ihm verschmelzen oder von ihm abgeschieden werden.
Was aber bedeutet dies? Muss man befürchten, dass der scheinbar so dauerhafte Sturm doch eines Tages verschwinden wird? Immerhin sind die Prozesse im Inneren des Großen Roten Flecks noch immer nicht komplett enträtselt und daher wissen die Astronomen auch nicht genau, warum sich der Große Rote Fleck so verändert.
Verborgene Energiezufuhr
Doch nun gibt Philip Marcus von der University of California in Berkeley zumindest in Teilen Entwarnung. Denn seinen Auswertungen nach trügt der äußere Schein. Zwar nimmt der sichtbare Wolkenwirbel an Größe ab, nicht aber der darunterliegende Sturmwirbel, wie der Physiker erklärt. „Es ist wie in Mark Twains Ausspruch: Die Nachrichten über seinen Tod sind stark übertrieben.“
Der Grund: Zwar verliert der Wirbelsturm durch Reibung, Kollisionen mit kleineren Sturmwirbeln und Wärmeverlust durchaus Energie. Doch dies wird ausgeglichen durch eine sekundäre Zirkulation, die dem Sturm ständig neue Energie zuführt, wie Marcus erklärt. Die Triebkraft dafür sind unter anderem die starken Temperaturunterschiede zwischen dem Vortex und seiner Umgebung.
Keine Vorboten eines Niedergangs
Nach Ansicht des Forschers sind daher auch die Kollisionen mit kleineren Stürmen oder stagnierende Zonen im Außenrand des Großen Roten Flecks kein Grund zur Beunruhigung. „Die Begegnungen mit den Stagnationszonen sind kein Vorzeichen seines Niedergangs“, betont Marcus. „Und auch die Entstehung kleiner Wirbel nordöstlich des Großen Roten Flecks im Frühjahr 2019 und ihr späteres Verschmelzen mit ihm sind keine Vorboten dafür.“
Sollte Marcus Recht behalten, könnte uns das bekannteste Wahrzeichen des Jupiter wohl noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Weitere Aufschlüsse über die Vorgänge im Inneren des gigantischen Wirbelsturms erhoffen sich die Forscher zudem von den Messdaten der NASA-Raumsonde Juno, die immer wieder so nahe am Großen Fleck vorbeifliegt wie vor ihr kein anderes menschengemachtes Gefährt. (72nd Annual Meeting of the American Physical Society Division of Fluid Dynamic)
Quelle: American Physical Society