Sinnhafter Einflussfaktor: Wer einen Sinn im Leben sieht, dem geht es gesundheitlich besser. Denn diese Menschen sind nicht nur zufriedener und seelisch ausgeglichener. Auch ihre körperliche Gesundheit ist besser, wie eine Studie enthüllt. Besonders stark zeigt sich dieser Zusammenhang demnach bei älteren Menschen über 60. Sie sind auch diejenigen, die häufig (wieder) nach einem Sinn im Leben suchen.
Der Jahreswechsel ist traditionell eine Zeit, in der wir das Vergangene Revue passieren lassen und verstärkt über unser Leben nachdenken. Was habe ich im letzten Jahr erreicht? Erkenne ich einen Sinn in dem, was ich tue – und im Leben generell? Wer diese Frage mit ja beantworten kann, hat es gut. Denn Studien zeigen: Einen Lebenssinn zu haben, trägt wesentlich zu unserem subjektiven Wohlbefinden bei. Es macht uns glücklich.
Forscher um Awais Aftab von der University of California in San Diego haben nun untersucht, wie sich dieser Faktor auf die psychische und körperliche Gesundheit auswirkt. „Die Medizin beginnt gerade zu verstehen, dass der Sinn des Lebens klinisch relevant ist“, erklärt Aftab. „Viele denken eher aus einer philosophischen Perspektive über dieses Thema nach, doch es könnte auch Einfluss auf die Gesundheit und vielleicht sogar die Langlebigkeit haben“, ergänzt sein Kollege Dilip Jeste.
Zufriedener und gesünder
Um mehr über diesen Zusammenhang herauszufinden, werteten die Wissenschaftler Daten von 1.042 Erwachsenen im Alter zwischen 21 und 100+ Jahren aus. Die Studienteilnehmer waren für eine großangelegte Langzeitstudie unter anderem zu ihrem subjektiv empfundenen Lebenssinn befragt worden. Dabei bewerteten sie Aussagen wie „Ich suche noch nach einer Bestimmung in meinem Leben“ oder „Ich habe eine erfüllende Aufgabe für mein Leben gefunden“. Außerdem wurden Daten zu ihrem gesundheitlichen Zustand erhoben.
Die Auswertungen enthüllten: Tatsächlich gab es einen Zusammenhang zwischen den beiden Faktoren. Wer einen Sinn im Leben gefunden hatte, dem ging es demnach mental, aber auch körperlich besser. „Diese Menschen sind zufriedener und gesünder als Menschen ohne Lebenssinn“, berichtet Jeste.
Abhängig vom Alter
Wie deutlich sich dieser Zusammenhang zeigte, war jedoch auch abhängig vom Alter. Besonders stark war die Verknüpfung zwischen Lebenssinn und körperlicher Gesundheit bei Probanden über 60. Dies ist vor allem deshalb interessant, weil diese Menschen zu einer von zwei Gruppen gehören, die häufiger keinen Sinn im Leben erkennen als der Rest der Bevölkerung.
So stellten die Forscher fest: Gerade jüngere und ältere Menschen über 60 suchen noch oder wieder nach einem Sinn im Leben. „Wer jung ist, ist häufig unsicher über seine Karriere, seinen Lebenspartner und so weiter. Mit zunehmendem Alter wird man gefestigter und findet damit auch seinen Lebenssinn. Doch bei Senioren ändert sich das wieder – zum Beispiel, weil sie in Rente gehen oder vermehrt ihre Verwandten und Freunde sterben“, erklärt Jeste.
Therapeutischer Ansatzpunkt
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte betroffenen Senioren mithilfe spezieller Maßnahmen geholfen und so auch deren Gesundheit gefördert werden. Denn Zufrieden-Sein und einen Sinn im Leben sehen, lässt sich üben. „Es handelt sich um einen potenziell veränderbaren Faktor, auf den wir abzielen können, um das Wohlergehen von Patienten zu verbessern“, sagt Aftab.
In Zukunft wollen er und seine Kollegen herausfinden, welche weiteren Einflussfaktoren in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen: Wie wirken sich etwa Aspekte wie Lebenserfahrung, Einsamkeit und Mitgefühl auf den empfundenen Lebenssinn aus? „Außerdem wollen wir untersuchen, ob Biomarker für Stress und Altern mit dem Suchen und Finden eines Lebenssinns in Verbindung stehen“, schließt Aftab. (Journal of Clinical Psychiatry, 2019; doi: 10.4088/JCP.19m13064)
Quelle: University of California – San Diego