Medizin

China: Kommt das Coronavirus von Schlangen?

Genanalyse spricht für Giftnattern als Überträger - nicht alle Forscher teilen diese Ansicht

Chinesische Kobra
Die Chinesische Kobra (Naja atra) ist wahrscheinlich einer der Reservoirwirte des neuen Coronavirus. Durch Kontakt mit solschen Schlangen infizierten sich die ersten Patienten im chinesichen Wuhan. © Thomas Brown CC-by-sa 2.0

Überträger gefunden? Das in China grassierende Coronavirus könnte von Schlangen auf den Menschen übergesprungen sein – Arten, die auch auf dem Markt von Wuhan verkauft wurden. Genanalysen zeigen, dass das Virus RNA-Sequenzen aufweist, die speziell an die Zellmaschinerie der Schlangen angepasst sind. Zusätzlich besitzt das Coronavirus Veränderungen an einem Oberflächenprotein, die ihm das Andocken an menschliche Zellen erleichtern, wie Forscher berichten.

Update 10.02.2020: Inzwischen gibt es einige Studien, die die These der Schlangen als Überträger in Zweifel ziehen. Stattdessen werden nun Pangolins als Überträger diskutiert. Klar scheint aber bislang nur, dass Vorläufer von 2019-nCoV sich in Fledermäusen entwickelten. Auf welchem Wege sie von diesen auf den Menschen übergingen – und durch welches andere Tiere – ist noch immer offen.

Coronavirus
Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Coronavirus. © NIAID

Seit Ende Dezember grassiert in der chinesischen Stadt Wuhan ein neues Coronavirus, das Atemwegssymptome und Lungenentzündungen auslöst. Seither sind mehr als 400 Menschen erkrankt, neun Patienten sind gestorben. Weitere Fälle gibt es in anderen Regionen Chinas, sowie jeweils einen in Thailand, Japan, Südkorea und den USA. Chinas Behörden haben vorerst alle Verkehrsverbindungen nach Wuhan unterbrochen – auch um eine weitere Ausbreitung durch den Reiseverkehr am morgen beginnenden chinesischen Neujahrsfest zu verhindern.

Gencode des Virus an Schlangen angepasst

Woher das neue Coronavirus stammt und wie es auf den Menschen überspringen konnte, haben nun chinesische Forscher um Wie Ji von der Universität Peking herausgefunden. Für ihre Studie hatten sie die RNA des 2019-nCoV getauften Erregers analysiert und dessen Gencode mit dem verschiedener potenzieller Wirtstiere verglichen. „Als parasitischer Mikroorganismus ähnelt die Codon-Nutzung des Virus dem seines Wirts in bestimmter Weise“, erklären die Wissenschaftler.

Die Analysen ergaben: Am ähnlichsten sind die Viren-Codons denen von Fledermäusen sowie zwei giftigen Schlangenarten, der Chinesischen Kobra (Naja atra) und dem Vielgebänderte Krait (Bungarus multicinctus). „Unsere Daten sprechen dafür, dass 2019-nCoV die Translations-Maschinerie von Schlangen effizienter nutzen kann als die von anderen Tieren“, berichten Ji und sein Team. „Das deutet darauf hin, dass das neue Coronavirus ursprünglich von Schlangen stammt.“

Die Mediziner vermuten, dass das Coronavirus in Wuhan durch direkten Kontakt mit infizierten Schlangen auf den Menschen übergesprungen ist. „Beide Schlangenarten sind im Südosten Chinas häufig, darunter auch in der Stadt Wuhan“, erklären die Forscher. „Viele Patienten haben im Markt von Wuhan gearbeitet, wo auch diese Schlangen verkauft wurden.“

Rekombiniertes Andock-Protein ermöglicht Sprung auf den Menschen

Der Sprung über die Artbarriere zum Menschen könnte diesem Coronavirus gelungen sein, weil es eine dafür günstige Veränderung an einem Oberflächenprotein trägt, wie Ji und sein Team herausfanden. Dieses Glycoprotein hilft dem Virus, an Rezeptoren auf der Zelloberfläche anzudocken – auch an die des Menschen. Nach Ansicht der Forscher könnte diese Anpassung es dem Coronavirus ermöglichen, nun auch Menschen zu infizieren.

Den Analysen zufolge entstand die mutierte Form dieses Glycoproteins durch einen Genaustausch zwischen zwei Virenstämmen. Einer davon stammt ursprünglich aus Fledermäusen, der andere ist noch unbekannter Herkunft. Das rekombinierte Virus befiel dann möglicherweise zunächst dann Schlangen, bevor ihm in Wuhan der Sprung auf den Menschen gelang.

„Die Informationen aus unseren evolutionären Analysen sind hochsignifikant – auch für die effektive Kontrolle des Ausbruchs der von 2019-nCoV verursachten Lungenentzündung“, konstatieren Ji und sein Team. (Journal of Medical Virology, 2020; doi: 10.1002/jmv.25682)

Quelle: Wiley

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