Es gibt einen ersten Coronavirus-Patienten in Deutschland. Der 33-jährige Mann aus Bayern hat sich offenbar bei einer Schulung angesteckt – die Schulungsleiterin war eine mit dem Virus infizierte Chinesin aus Schanghai, wie Gesundheitsbehörden berichten. Dem Patienten geht es bislang relativ gut, ob Familienangehörige oder weitere Mitarbeiter seiner Firma angesteckt wurden, wird zurzeit noch untersucht.
Ausgangspunkt der Infektion waren offenbar die Eltern der chinesischen Schulungsleiterin, die aus Wuhan stammen und die Frau kurz vor deren Reise nach Deutschland besucht hatten. Am 19. Januar flog die in der Automobilbranche arbeitende Frau nach München, um beim Automobilzulieferer Webasto in Stockdorf am 21. Januar eine Mitarbeiterschulung durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt sei sie noch völlig symptomfrei gewesen, wie Vertreter der bayrischen Gesundheitsbehörden mitteilen.
Diagnose erfolgte gestern Abend
Erst als die chinesische Schulungsleiterin am 23. Januar wieder zurück nach Schanghai flog, traten bei ihr erste grippeähnliche Symptome auf. Sie ließ sich untersuchen und kurz darauf wurde bei ihr eine Infektion mit dem Coronavirus diagnostiziert – offenbar hatte sie sich bei ihren Eltern angesteckt. Nachdem dies der deutschen Firma mitgeteilt wurde, alarmierte diese das Gesundheitsamt.
Als dann der 33-jährige Webasto-Mitarbeiter am 27. Januar über Grippesymptome klagte, wurde er auf 2019-nCoV untersucht. Noch am gleichen Abend stand die Diagnose fest, wie die Behörden mitteilen. Offenbar hat er sich während der Schulung, die teils in Kleingruppen durchgeführt wurde, bei der Schulungsleiterin angesteckt. Der Coronavirus-Patient wurde daraufhin in die Klinik Schwabing gebracht und isoliert. Den Ärzten zufolge geht es ihm relativ gut.
Inzwischen überprüfen die Gesundheitsbehörden rund 40 Personen, mit denen der Coronavirus-Patient in den letzten Tagen näheren Kontakt hatte. Auch Familienangehörige und der Kindergarten seiner Kinder werden überprüft. Bei Webasto wird heute jedoch ungeachtet des Krankheitsfalles normal gearbeitet. Weitere Mitarbeiter mit entsprechenden Symptomen habe es bisher keine gegeben, heißt es.
Übertragbar auch in der Inkubationszeit?
Interessant an dem Fall ist die Tatsache, dass die Ansteckung zu einem Zeitpunkt erfolgte, als die Virenträgerin noch völlig symptomfrei war, wie Andreas Zapf vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit berichtete. Das bestätigt die Befürchtung von Epidemiologen, dass das Virus 2019-nCoV im Gegensatz zum SARS-Virus offenbar auch während der Inkubationszeit übertragbar ist.
Das Problem daran: Mit rund 14 Tagen dauert es beim neuen Coronavirus relativ lange, bis nach der Ansteckung die ersten Krankheitssymptome auftreten. Sind Infizierte in diesem Zeitraum schon ansteckend, wird es fast unmöglich, eine Übertragung rechtzeitig zu verhindern. Erschwerend kommt hinzu, dass wahrscheinlich ein Großteil der mit dem Virus infizierten Menschen keine oder nur sehr schwache Symptome entwickelt. Epidemiologen schätzen, dass nur gut fünf Prozent der Fälle bisher erkannt wurden.
Mit dem ersten Fall einer Coronavirus-Infektion in Bayern ist Deutschland nach Frankreich nun das zweite europäische Land, in dem Menschen an 2019-nCoV erkrankt sind. In China steigen unterdessen die Fallzahlen trotz strenger Quarantänemaßnahmen rasant weiter. Bis heute Vormittag waren mehr als 4.500 Fälle gemeldet, 106 Menschen sind bereits am Coronavirus gestorben.
Quelle: Robert-Koch-Institut, Tagesschau, Merkur, Bayrisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit