Eigentlich sollte der Komet C/2019 Y4 (ATLAS) einer der spektakulärsten der letzten 20 Jahre werden. Im Mai 2020, so hofften die Astronomen, würde man ihn hell am Himmel strahlen sehen, vielleicht sogar mit bloßem Auge. Doch Mitte April platzte diese Hoffnung – buchstäblich. Denn der ATLAS-Komet ist in mehrere Stücke zerbrochen, wie diese Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops zeigt.
Wenn Kometen auf ihrem Flug durch das Sonnensystem unserem Zentralstern näherkommen, beginnt für sie eine gefährliche Zeit. Denn die zunehmende Wärme lässt das Eis dieser „staubigen Schneebälle“ verdampfen und kann sogar starke Gasausbrüche auslösen. Dabei kommt es durchaus häufig vor, dass große Teile von einem Kometen abbrechen, wie kürzlich beim interstellaren Kometen 2l/Borisov beobachtet. Andere Kometen zerfallen beim Vorbeiflug an der Sonne sogar ganz.
30 Fragmente – mindestens
Genau dies zeigt nun diese Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops vom 20. April 2020. Zu sehen ist der erst Ende Dezember 2019 entdeckte Komet C/2019 Y4 (ATLAS) – oder vielmehr das, was von ihm übrig ist. Denn wie man deutlich erkennen kann, ist dieser Komet in mehrere Teile zerbrochen. „Das ist wirklich spannend, denn solche Ereignisse gibt es nicht sehr oft“, erklärt Quanzhi Ye von der University of Maryland. „Die meisten zerbrechenden Kometen sind zu lichtschwach, um das beobachten zu können.“
Auf Basis der Hubble-Aufnahmen haben Astronomen mindestens 30 unterschiedlich große Fragmente des Kometen identifiziert – einige davon so groß wie ein Haus. Die Forscher vermuten, dass der ATLAS-Komet schon Anfang April zerbrochen ist, denn zu diesem Zeitpunkt wurde er abrupt dunkler. Ob wenigstens ein Teil des Kometenkerns diese Fragmentierung überstanden hat oder ob der Komet komplett in Bruchstücke zerfallen ist, ist noch unklar.
Zu Tode rotiert?
Auch über den Grund des Zerbrechens können die Astronomen bisher nur spekulieren. Denkbar wäre, dass sich der Komet buchstäblich zu Tode rotiert hat: Angetrieben von einer Fontäne ausgasenden Wasserdampfs könnte sich seine Rotation extrem beschleunigt haben. Die dabei entstehenden Fliehkräften könnten dann den Kometenkern zerrissen haben. „Weitere Analysen von Hubble-Daten könnten zeigen, ob dieser Mechanismus verantwortlich ist oder nicht“, sagt David Jewitt von der University of California in Los Angeles.
Klar ist aber schon jetzt, dass eine Hoffnung vieler Amateurastronomen damit hinfällig geworden ist: Eigentlich hoffte man, dass C/2019 Y4 (ATLAS) einer der hellsten Kometen der letzten 20 Jahre werden würde. Denn am 23. Mai 2020 sollte er den erdnächsten Punkt seiner Bahn erreichen und dabei vielleicht sogar mit bloßem Auge sichtbar werden. Doch das Zerbrechen des Kometenkerns macht diese Hoffnung nun zunichte.
Quelle: NASA