Wird in einer der Galerien der St. Paul‘s Cathedral in London leise gesprochen, können dennoch viele andere Besucher mithören: Der Schall wird kreisförmig um den Dom weitergetragen und ist entlang der Mauern überall gleich gut zu hören. Dieses besondere Phänomen wird als „Flüstergalerie“-Effekt bezeichnet. Es tritt immer dann auf, wenn eine Welle nahezu ohne Dämpfung eine Struktur umlaufen kann. Physiker der Universität Göttingen haben dieses Prinzip genutzt, um den Strahl eines Elektronenmikroskops mit Licht zu steuern. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
Wird in einer der Galerien der St. Paul‘s Cathedral in London leise gesprochen, können dennoch viele andere Besucher mithören: Der Schall wird kreisförmig um den Dom weitergetragen und ist entlang der Mauern überall gleich gut zu hören. Dieses besondere Phänomen wird als „Flüstergalerie“-Effekt bezeichnet. Es tritt immer dann auf, wenn eine Welle nahezu ohne Dämpfung eine Struktur umlaufen kann. Physiker der Universität Göttingen haben dieses Prinzip genutzt, um den Strahl eines Elektronenmikroskops mit Licht zu steuern. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
Das Team von Dr. Ofer Kfir und Prof. Dr. Claus Ropers beleuchtete in seinen Experimenten kleinste Glaskugeln mit einem Laser und nutzte sie dabei als optische Flüstergalerie: Den Schallwellen vergleichbar bewegt sich auch die Lichtwelle im Innern dieser Kugeln nahezu ohne Verluste entlang der Ränder. Im Elektronenmikroskop leiteten die Forscher dann einen Elektronenstrahl am äußeren Rand der Kugel vorbei. Durch Vermessung der Geschwindigkeiten der Elektronen fanden sie heraus, dass die Elektronen und das Lichtfeld sehr effizient Energie ausgetauscht hatten.
Die Stärke dieser Wechselwirkung wird durch zwei Faktoren bestimmt, erklärt Erstautor Kfir: „Erstens erlaubt uns der Flüstergalerie-Effekt, Licht kurzzeitig zu speichern und somit eine stärkere Welle aufzubauen. Zweitens bewegen sich die Elektronen entlang der Glaskugel mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Lichtwelle.“ Letzteres vergleicht Kfir mit einem Surfer, der seine Geschwindigkeit an eine Wasserwelle anpasst, um deren Energie optimal zu nutzen. In ihren Experimenten beobachteten die Physiker, dass einzelne Elektronen die Energie von Hunderten von Photonen, den Elementarteilchen des Lichtfeldes, aufgenommen oder abgegeben haben.
Ihre Erkenntnisse tragen nicht nur zum grundlegenden Verständnis dieser optischen Wechselwirkungen bei, sondern weisen auch in die Zukunft. „Wir suchen nach Möglichkeiten, mithilfe von Licht neue Anwendungen der Elektronenmikroskopie voranzutreiben“, sagt Ropers, Arbeitsgruppenleiter am IV. Physikalischen Institut der Universität und Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie. „Mit einem Laser können wir nun den Elektronenstrahl in Raum und Zeit lenken. Wenn es uns gelingt, die Kopplung von freien Elektronen und Photonen weiter zu verstärken, könnte dies schließlich zu völlig neuen Quantentechnologien für die Sensorik und Mikroskopie im Nanometerbereich führen. Wir sind zuversichtlich, dass die vorliegende Arbeit ein wichtiger Schritt in dieser Richtung ist.“ (Nature, 2020; doi: 1038/s41586-020-2320-y)
Quelle: Georg-August-Universität Göttingen