Umwelt

Unser Plastik vermüllt Ozeane in Asien

Deutschland ist der größte Exporteur von im Meer landenden Polyethylen-Abfällen

Plastikmüll
Ein Teil des von Deutschland zum Recycling exportierten Plastikmülls landet im Meer. © NUI Galway/ Shutterstock

Verlagertes Problem: Deutschland ist einer der größten Exporteure von Plastikmüll in Europa – und trägt damit zur Vermüllung der Meere bei. Denn ein erheblicher Teil des nach Asien exportierten Kunststoffs wird nicht recycelt, sondern landet im Meer, wie eine Studie enthüllt. 32 Prozent des aus der EU stammenden Polyethylen-Abfalls im Ozean kommen aus Deutschland. Insgesamt wird rund ein Drittel des zum Recyceln aus der EU exportierten Polyethylens nicht recycelt.

Das Problem ist sattsam bekannt: Wir produzieren Unmengen an Kunststoffen, von denen ein erheblicher Anteil als Plastikmüll und Mikroplastik in Ozeanen, Flüssen, Böden und sogar in unserem Körper landen. Allein in Deutschland sind rund zehn Millionen Kilotonnen Plastik im Umlauf. Eigentlich müssen laut Gesetz mindestens 58,9 Prozent der davon anfallenden Abfälle „werkstofflich“ recycelt werden – aus ihnen muss neuer Kunststoff entstehen.

Müllexporten auf der Spur

Das Problem jedoch: Ein Großteil des Plastikmülls wird nicht in Deutschland verarbeitet, sondern exportiert. Ähnliches gilt auch für die anderen Länder der EU: „46 Prozent des Plastikmülls, der in europäischen Ländern für das Recycling gesammelt wird, werden exportiert“, berichten George Bishop von der National University of Ireland und seine Kollegen.

Was mit diesem exportierten Plastikmüll passiert, haben sie am Beispiel des Polyethylens, einem der häufigsten Kunststoffe, erstmals genauer nachverfolgt. „Wenn diese Abfälle in ein Land mit niedrigem Bruttoeinkommen exportiert werden, besteht ein erhebliches Risiko dafür, dass es zu ‚Lecks‘ in die Umwelt kommt“, erklären die Forscher. Denn in vielen ärmeren Ländern sind finanzielle Mittel und Kontrollen weit spärlicher als bei uns. Als Folge landen für das Recycling bestimmte Abfälle oft auf Deponien, werden verbrannt oder anderweitig entsorgt.

Für ihre Studie werteten Bishop und sein Team die Comtrade-Datenbank der UN sowie nationale Angaben zu Exporten, Importen und Müllströmen aus.

Deutschland ist größter Plastikmüll-Exporteur

Das Ergebnis: Gut 54 Prozent des von EU-Ländern exportierten Polyethylen-Mülls ging an Empfänger außerhalb Europas – meist nach Asien. Am niedrigsten war dieser Anteil bei Luxemburg und der Schweiz, am höchsten bei Großbritannien. Der größte Exporteur in absoluten Zahlen ist jedoch Deutschland: Im Jahr 2017 gingen gut 740.000 Tonnen dieses Plastikmülls ins Ausland, die zweithöchste Menge hatte Großbritannien mit gut 470.000 Tonnen Polyethylen-Abfällen.

Hauptempfänger dieses Plastikmülls war damals noch China, wie die Forscher erklären. Inzwischen jedoch hat das Land seine Politik geändert und nimmt keine Kunststoffabfälle aus dem Ausland mehr auf. Seither haben sich die Abfallströme daher verschoben: „Es gibt erst Anzeichen dafür, dass nun große Mengen an Plastikmüll stattdessen nach Südostasien gehen“, so Bishop und sein Team.
„Diese ärmeren Länder haben wahrscheinlich ein schlechteres Abfallmanagement und weniger Ressourcen als China, um diese Plastikmüllimporte adäquat zu verwerten.“

Bis zu sieben Prozent enden im Ozean

Doch was passiert im Ausland mit dem Plastik? Wie die Forscher ermittelten, liegt die Recyclingquote des exportierten Plastikmülls im Schnitt bei 76 Prozent. Je nach Land und Hauptempfängern gibt es dabei aber große Unterschiede. Luxemburg und die Schweiz, die fast nur innerhalb Europas exportieren, erreichen für ihr Polyethylen eine Recyclingquote von 90 Prozent. Großbritannien nur 69 Prozent. Von Deutschlands Polyethylen-Exporten wurden rund 75 Prozent wieder in Kunststoffe umgewandelt.

Von dem nicht recycelten Rest landet der größte Teil auf Deponien oder wird verbrannt. Doch bei allen Exporten gibt es einen Teil des Plastiks, der absichtlich oder unabsichtlich in die Umwelt und vor allem ins Meer gelangt. Im Jahr 2017 waren dies zwischen 32.000 und 180.500 Tonnen, wie Bishop und sein Team ausrechneten – ein bis sieben Prozent des aus Europa exportierten Polyethylens endet demnach im Ozean.

Ein Drittel ist deutsches Polyethylen

Den höchsten Anteil an dem ins Meer gelangenden Export-Plastik hat Deutschland: Rund ein Drittel dieses Polyethylens stammt aus unserem Land, Großbritannien folgt mit einem Anteil von 29 Prozent. Betrachtet man den gesamten Plastikmüll im Meer, macht das aus der EU in andere Länder exportierte Polyethylen immerhin bis zu 3,8 Prozent aus. „Dies enthüllt einen wichtigen und bislang nicht dokumentierten Weg, auf dem Plastikmüll in die Ozeane gelangt“, sagt Bishop.

Das bedeutet aber auch: Der wahre Anteil des europäischen Plastikmülls an der Meeresverschmutzung ist noch größer. Denn Polyethylen macht ungefähr ein Drittel des Plastiks in Europa aus. „Wenn diese Ergebnisse auch für die anderen Plastiksorten repräsentativ sind, dann ist die Gesamtmenge des Plastiks, das durch eigentlich fürs Recycling bestimmte Exporte ins Meer gelangt, erheblich höher“, so die Forscher.

Nach Ansicht von Bishop und seinen Kollegen muss hier gegengesteuert werden. „Um eine Kreislaufwirtschaft zu erreichen, müssen europäische Gemeinden und Abfallentsorgungs-Unternehmen dafür verantwortlich gemacht werden, was mit dem ‚recycelten‘ Abfall tatsächlich geschieht“, sagt Bishops Kollege Piet Lens. Zudem sollten die Kontroll-Regelungen für exportierte Kunststoffabfälle entsprechend verschärft werden. (Environment International, 2020; doi: 10.1016/j.envint.2020.105893)

Quelle: National University of Ireland Galway

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