Evolution

Ausgangspunkt Affe

Von den Australopithecinen bis zu den frühen Hominiden

Den ersten „Südaffen“ hatte bekanntlich Raymond Dart bereits 1924 entdeckt und fälschlicherweise als „Missing link“ bezeichnet. Die Australopithecinen werden im Allgemeinen als die Vormenschen oder Prähominiden bezeichnet, weil sie schon so viele Merkmale besitzen, dass sie nicht mehr als Affen, aber auch noch nicht als Menschen bezeichnet werden können.

Bipedie entsteht

Sie hatten noch ein kleines Gehirn, das mit 450 bis 800 Kubikzentimetern eher in der Nähe des Schimpansen (390 Kubikzentimeter) als des Menschen (1400 Kubikzentimeter) liegt. Obwohl sie ein Becken besaßen, das ihnen den aufrechten Gang ermöglichte, ähnelten sie in ihrer Lebensweise wohl eher den heutigen Schimpansen. Im Gegensatz zu den Menschenaffen besaßen sie jedoch keine langen Eckzähne, was Mahlbewegungen des Kiefers ermöglichte. Dies scheint eine Anpassung an das Zermahlen härterer pflanzlicher Nahrung gewesen zu sein.

Schädel
Trotz diesem kleinem Gehirn konnte die Australopithecinen schon aufrecht gehen. © Brett Eloff, Courtesy Profberger and Wits University /CC-by-sa 3.0

Die Australopithecinen gingen zwei Millionen Jahre lang ohne wesentliche Vergrößerung der Gehirne aufrecht, was den Evolutionsbiologen Stephen Jay Gould zu dem Ausspruch veranlasste: „Die Menschheit stand zuerst auf und wurde erst später klug“. Vielleicht wurden durch die Bipedie die Hände frei zum Sammeln von Nahrung, was man gelegentlich auch bei Schimpansen und anderen Affen beobachten kann. Werkzeuge stellten erst ihre Nachfahren her.

Habilis, der Geschickte

Etwa 2,5 Millionen Jahre vor heute trennt sich die Linie der Australopithecinen auf. Zum einen entstehen robustere Formen, die einige Wissenschaftler als Parathropicinen bezeichnen. Fast gleichzeitig taucht der erste Mensch oder vielmehr der erste Vertreter der Gattung Mensch auf: der Homo habilis, der geschickte Mensch.

habilis
Eine Nachbildung des homo habilis. © Lillyundfreya /CC-by-sa 3.0

Homo habilis war wohl die erste Hominidenform, die planmäßig Steine unter Zuhilfenahme anderer Steine zu verschiedenen Werkzeugtypen, wie etwa Haumesser, Meißel, und Schaber, formte. Diese dürften sie vielseitig eingesetzt haben, etwa zum Aufbrechen und Zerlegen von Wild, aber auch zur Bearbeitung von Holzstöcken und anderen Gegenständen. Eine derartige Werkzeugherstellung konnte bisher von Australopithecinen nicht nachgewiesen werden, auch wenn es erste Hinweise von Steinen, Gehörnen und Knochen als Werkzeuge gibt. Wahrscheinlich haben sie diese aber nicht bearbeitet.

Anatomisch weiterentwickelt

Untersuchungen an Innenausgüssen der Schädelkapseln zeigten, dass das Gehirn sich gegenüber dem Gehirn der „Südaffen“ weiterentwickelt hatte. Es ähnelt mehr dem etwa doppelt so großen Sapiens-Hirn. Vor allem finden sich erstmals Windungen im Stirn- und Schläfenbereich. Wissenschaftler vermuten deshalb, dass der „Habilis“ vielleicht gewisse neurologische Voraussetzungen für eine erste Sprachfähigkeit besessen hat. Sie kann aber nur rudimentär gewesen sein, weil andere anatomische Details an der Schädelbasis eine ausgeprägte Artikulation verhindern.

Der „Homo“ unterscheidet sich auch noch in einem ganz entscheidenden Merkmal vom „Australopithecus“: in seinem Fuß. Die Zehen sind alle parallel ausgerichtet und damit noch besser an das aufrechte bipede Laufen angepasst: „These feet were made for walking“. Dafür wurde das Besteigen der Bäume immer schwieriger.

Artenreichtum der Hominiden

Bis vor etwa zwei Millionen Jahren spielte sich die gesamte Entwicklung der Menschheit in Afrika ab, wenn man von den Fossilfunden ausgeht. Bis zum Homo habilis gibt es keinen einzigen Hominiden, der außerhalb des südlichen Kontinents gefunden wurde. Dann aber, vor etwa zwei bis 1,5 Millionen Jahren, zu Beginn des Pleistozäns, macht sich der „Mensch“ zum ersten Mal auf, die Welt zu „erobern“.

Der Homo erectus, der „aufrechte Mensch“ erscheint auf der Bildfläche. Den ersten dieser „Wanderer“ hatte Eugène Dubois 1891/92 auf Java entdeckt. Vermutlich drang H. erectus während der Eiszeit bis nach Südostasien vor als die Inselwelt zum großen Teil mit dem Festland verbunden war.

Rein rechnerisch könnte diese „Invasion“ relativ schnell vonstattengegangen sein: Legte eine kleine Erectus – Gruppe jährlich eine Strecke von 50 Kilometern zurück, so konnte sie, besser gesagt ihre Ururururenkel bereits innerhalb von 15.000 Jahren an jedem Punkt Eurasiens angekommen sein.

Erectus, der Aufrechte

erectus
So könnten Vertreter des homo erectus ausgesehen haben. © Tim Evanson /CC-by-sa 2.0

Während sich der Homo erectus auf dem Eurasischen Kontinent noch unter Seinesgleichen befand, herrschte auf der afrikanischen Landmasse zeitweise ein wahres Gedränge an Hominidenarten. Mit etwas Glück hätten sich Vertreter der robusten Australopithecinenarten „robustus“ und „boisei“ mit den frühen Homoarten „habilis“ und „erectus“ zum Kaffeeklatsch oder Stammtisch treffen können.

Homo erectus war größer als der Homo habilis und wies ein größeres Gehirnvolumen auf, das sich während seiner Anwesenheit auf der Erde nahezu verdoppelte. Mit maximalen 1200 Kubikzentimetern liegt es schon im Bereich der normalen Variabilität des Homo sapiens. Er war geschickter in der Werkzeugherstellung als der „habilis“.

Allerdings kam auch er mehrere hunderttausend Jahre nicht über den Faustkeil hinaus, der mit der Zeit immer mehr verbessert wurde. Die Entdeckung des Feuers vor etwa 500.000 Jahren verdanken wir dem Homo erectus. Und mit der Macht über dieses Element konnte er sich auch den Widrigkeiten der kälteren Klimazonen widersetzen.

Menschliche Fortschritte

Vor etwa 700.000 bis 400.000 Jahren tauchen dann erstmals Vertreter einer Art auf, die aufgrund der größeren Schädelkapazität und anderer fortschrittlicher Merkmale nicht mehr zu H. erectus gestellt werden. Die ersten archaischen Homo sapiens Populationen breiten sich aus. Zu ihnen gehört auch der Neandertaler, der bis ungefähr 35.000 Jahre vor heute überlebte. Den Fossilfunden nach entstanden die ersten archaischen Formen zuerst in Afrika, dann in Europa und vor etwa 300.000 Jahren schließlich in Ostasien.

Als ältester fossiler Beleg in Europa galt bis vor etwa eineinhalb Jahren noch ein Unterkiefer aus dem Ort Mauer bei Heidelberg. Einige Wissenschaftler benennen ihn deshalb Homo heidelbergensis, andere zählen ihn weiterhin zum Homo erectus. Im Oktober 1998 gab die Universität Michigan dann die Entdeckung eines möglichen neuen Vorfahren des Menschen bekannt. Der Fund wurde auf 780.000 Jahre datiert.

Aber wann entstand der moderne Mensch, und wo? Wer waren seine Vorfahren? Zwei Theorien konkurrieren darum, unsere Herkunft zu erklären.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Evolution des Menschen
Vom Urahn bis zum Homo sapiens

Der Mensch stammt vom Affen ab!
"... lasst uns beten, dass es nicht allgemein bekannt wird!"

Der Mensch stammt nicht vom Affen ab!
Haeckel, Huxley und das "Missing link"

Ein Düsseldorfer mit flacher Stirn
Pathologischer Fall oder Vorfahre des Menschen?

"Splitter" und "Lumper"
Vom Durcheinander zum Radikalschnitt

Ausgangspunkt Affe
Von den Australopithecinen bis zu den frühen Hominiden

Die zwei großen Hypothesen
"OAA" oder "MRM"

Die DNA und der Neandertaler
Was uns Gensequenzen über unseren Ursprung erzählen

Die mtDNA unter der Lupe
Genetischer Vergleich mit dem Neandertaler

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