Klar scheint: Die Energiewende braucht Zwischenspeicher und Pumpspeicher wären eine prinzipiell geeignete Lösung – wenn es in Deutschland kein Platzproblem gäbe. Die Physiker Schmidt-Böcking und Luther überlegten deshalb, unterirdische Pumpspeicherkraftwerke anzulegen. Im Ruhrgebiet läuft bereits eine Machbarkeitsstudie zu einem solchen Pumpspeicher in einer ehemaligen Zeche – mit durchaus vielversprechenden Ergebnissen.
Auf ähnliche Weise wollten Physiker Schmidt-Böcking und Luther in ihrer ersten Idee leere Salzkavernen mit einem oberirdischen Reservoir verbinden. Aber das Anlegen eines großen Sees an der Oberfläche wäre mit Eingriffen in die Landschaft verbunden gewesen.
Eine versenkte Hohlkugel als Speicher
Schließlich hatten sie die Idee, einen Hohlraum – im einfachsten Fall eine Kugel – auf den Grund eines Sees zu versenken. An der tiefsten Stelle der Kugel sollte eine Turbine Strom erzeugen, wenn Wasser in die Kugel einströmt. Je tiefer die Kugel im See liegt, desto stärker ist der Druck auf die Turbinen. Um Energie zu speichern, pumpt man das Wasser gegen den Druck der Wassersäule wieder heraus.
Diese Idee ließen sich die beiden Physiker 2011 patentieren. Kurz nachdem im selben Jahr die Frankfurter Allgemeine Zeitung darüber berichtet hatte, erinnert sich Schmidt-Böcking, erkannte die Firma Hochtief das Potenzial dieser Idee für die Energiespeicherung. Sie gewann das Fraunhofer Institut für Windenergie und Windsystemtechnik (IWES) in Kassel für ein gemeinsames Forschungsprojekt. Dank der Förderung durch das Bundeswirtschaftsministerium konnte eine Betonkugel von drei Metern Durchmesser mit einer eingebauten Turbine fertiggestellt werden.
Erster Testlauf im Bodensee
Das „Meer-Ei“ wurde im November 2016 in den Bodensee auf 100 Meter Tiefe abgesenkt. Die Ergebnisse des Stensea-Projekts (Storage of Energy in Sea) entsprachen ganz den Erwartungen. Der zum Leerpumpen der Kugel aufgewendete Strom ließ sich zu 90 Prozent wiedergewinnen. Das ist deutlich besser als bei der ebenfalls in Entwicklung befindlichen „Power-to-Gas„-Technik.
Dabei nutzt man überschüssigen Strom, um Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zu zerlegen (Elektrolyse). Der Wasserstoff kann anschließend noch in Methan umgewandelt werden, das als Erdgas direkt ins Netz eingespeist oder in Erdkavernen gespeichert werden soll. Bei diesem Verfahren gehen allerdings 70 Prozent der eingesetzten Energie in Form von Wärme verloren.
2017 wurde das Stensea-Projekt mit dem „German Renewables Award“ ausgezeichnet, der jährlich vom Cluster Erneuerbare Energien Hamburg vergeben wird.