Umwelt

Vorratsschutz: Es geht auch ohne Insektizide

Kombination aus Kieselerde und Pilzen bekämpft Getreideschädlinge langfristig effektiver

Getreideschädling
Dieser Getreidekapuziner wurde auch ohne Insektizide außer Gefecht gesetzt – durch eine Mischung aus Kieselerde und einem parasitischen Pilz. © Waqas Wakil

Natürlicher Schutz: Zur Bekämpfung von Schädlingen bei der Getreidelagerung könnten zukünftig Naturstoffe statt Insektizide eingesetzt werden. Denn eine Kombination aus Kieselerde und einem parasitischen Pilz schützt ähnlich gut vor Schadinsekten wie gängige Neonicotinoid-Insektizide, wie eine Studie belegt. Bei einer Lagerdauer von mehr als 150 Tagen erzielten die natürlichen Bekämpfungsmittel sogar die effektivsten Ergebnisse.

Bisher werden Schadinsekten meist mit Insektiziden wie den umstrittenen Neonicotinoiden bekämpft. Doch diese schaden nicht nur Schädlingen, sondern auch nützlichen Bienen, Wespen und vielen anderen Insekten und Bodenlebewesen. Einige Neonicotinoide sind deshalb inzwischen in der EU für den Freilandeinsatz verboten worden. Für den Einsatz auf den Äckern, aber auch für die Lagerung der Ernte werden daher ungefährlichere, natürliche und trotzdem wirksame Alternativen zu gängigen Pestiziden benötigt.

Getreidelagerung: Ersatz für Imidacloprid gesucht

Für die Millionen Tonnen Weizen, die jährlich weltweit geerntet und dann oft über Monate eingelagert werden, hat nun ein Forscherteam um Waqas Wakil von der Agaruniversität Pakistan nach einer solchen Alternative gesucht. „Aktuell löst man diese Herausforderung häufig mit chemischen Insektiziden wie Imidacloprid, einem systemischen Insektizid aus der Gruppe der Neonicotinoide“, erklärt Koautor Thomas Schmitt vom Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg. Dieses gilt als potenziell schädlich für Vögel und Bienen.

Im Laborversuch haben die Forscher deshalb nun den Einsatz zweier Naturstoffe als Alternative zu dem Insektizid erprobt. „Wir haben die Behandlung mit Kieselerde, dem Insekten tötenden Pilz Beauveria bassiana und dem Insektizid Imidacloprid sowie Zweier-Kombinationen dieser drei Schutzmittel über verschiedene Zeiträume getestet und verglichen wie viele und welche Schadinsekten nach der Behandlung überlebten“, so Wakil.

In verschiedenen zeitlichen Abständen untersuchte das Forscherteam die Wirksamkeit der drei Stoffe auf gängige Vorratsschädlinge wie den Rotbraunen Reismehlkäfer (Tribolium castaneum), den Getreidekapuziner (Rhyzopertha dominica), den Rotbraunen Leistenkopfplattkäfer (Cryptolestes ferrugineus) und die Staublaus (Liposcelis paeta).

Pilz mit Kieselerde auf Dauer am effektivsten

Das Ergebnis: „Die Kombination der verschiedenen Wirkstoffe – Insektizid und Pilz sowie Kieselerde und Pilz – führte zu einem besseren Ergebnis als der Einsatz eines einzelnen Mittels“, berichtet Schmitt. Es zeigte sich zunächst, dass die Kombinationen mit der Zugabe des Pilzes während der ersten 90 Tage Lagerzeit die höchsten Mortalitätswerte gegen alle getesteten Arten lieferten. „Dies war zu erwarten. Überrascht hat uns aber die Langzeitwirkung der eingesetzten Präparate“, fügt der Forscher hinzu.

Während zu Beginn der Testreihe insbesondere die Kombination von Imidacloprid und Beauveria bassiana die beste Wirkung gegen die Schadinsekten zeigte, lag nach 100 Tagen Getreidelagerung diese Kombination gleichauf mit dem Naturstoff aus Kieselerde und Pilzen. „Ab einer Lagerungsdauer von 150 bis 180 Tagen war der mit Kieselerde und Beauveria behandelte Weizen sogar am wenigsten mit Schädlingen befallen“, resümiert Schmitt.

Wie wirkt die Naturstoffkombi?

Auf lange Sicht kann demnach die Naturstoffkombination mit dem Insektzid mithalten. Aber warum? Die Sporen des eingesetzten Beauveria-Pilzes haften an der Haut der Schadinsekten, dringen nach der Keimung in den Wirt ein und breiten sich dort aus, wie die Forscher erklären. Dieses Pilzwachstum führt schließlich zum Tod des infizierten Insekts. Für Wirbeltiere ist dieser parasitische Pilz dagegen ungefährlich

Und auch die Kieselerde hat einen Effekt. Von uns Menschen wird sie zwar traditionell zur Kräftigung von Haaren und Nägeln oder als Verdauungshelfer eingenommen. „Für Insekten ist diese Substanz aber sehr unangenehm: Sie nimmt durch direkten Kontakt Fettmoleküle von den Oberflächen der Insekten auf, was zu deren Tod durch Austrocknung führt“, erklärt Nickolas Kavallieratos von der Landwirtschaftlichen Universität Athen. „Auch verletzten die spitzen Kristalle vor allem die weichhäutigen Larven, aber auch die robusteren erwachsenen Tiere.“

Zukunftsfähige Alternative

Nach Ansicht der Wissenschaftler belegt das Ergebnis ihrer Langzeit-Untersuchung, dass sich diese Naturstoffe zukünftig insbesondere für den Schutz länger lagernden Getreides eigenen könnten. „Getreide wird häufig über ein halbes Jahr gelagert – die von uns getesteten, natürlichen Schädlingsbekämpfungsmittel könnten demnach eine gute Alternative zu chemischen Insektiziden sein“, fasst Schmitt zusammen. (Environmental Science and Pollution Research, 2021, doi: 10.1007/s11356-020-12304-8)

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

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