Biologie

Haare von Europäern altern schneller

Alterung und Graufärbung der Haare verlaufen je nach Ethnie unterschiedlich

graue Haare
Wann ein Mensch graue Haare bekommt, ist auch eine Frage der Abstammung. © Shapecharge/ iStock.com

Alt und grau: Dass die Haare im Alter grau werden, ist ganz natürlich. Aber je nach Ethnie unterscheidet sich der Zeitpunkt der Haaralterung, wie Forscher herausgefunden haben. Demnach ergrauen die Haare von Europäern im Schnitt mit 35 Jahren, die von Afrikanern hingegen erst zehn Jahre später. Die Haare hellhäutiger Menschen leiden dabei im Alter eher am Haarende, die von Afrikanern werden an der Wurzel brüchig.

Nach einer gewissen Lebensspanne bekommen wir durch einen ganz natürlichen Alterungsprozess graue oder weiße Haare. Ursache dafür ist, dass mit zunehmendem Alter weniger von dem Farbpigment Melanin gebildet wird. Wie schnell das Haar eines Menschen ergraut, ist unter anderem von der genetischen Veranlagung und der Lebensweise abhängig. So ist bekannt, dass ein bestimmtes Gen das Grauwerden beeinflusst und dass die Haare bei viel Stress früher an Farbe verlieren.

Haaralterung im weltweiten Vergleich

Wie schnell die Haare altern, hängt aber auch von der Ethnie jedes Menschen ab. Da dieser Zusammenhang bisher kaum untersucht wurde, haben nun Wissenschaftler um Mayra Maymone von der Boston University die Merkmale der Haaralterung bei verschiedenen geografischen Populationen charakterisiert.

„Trotz ähnlicher chemischer Zusammensetzung variieren die strukturellen Eigenschaften des Haares zwischen verschiedenen Ethnien und folglich auch die Alterung des Haares“, erklärt Maymones Kollegin Neelam Vashi. „Da die Bevölkerung älter und vielfältiger wird, ist es von größerer Notwendigkeit, den Alterungsprozess der Haare bei verschiedenen Haartypen zu verstehen.“

Das Team wertete dafür die Daten von rund 70 Publikationen zu den Veränderungen der Haare im Alter aus. Dabei konzentrierten sich die Forscher auf die Unterschiede bei der Haaralterung von Menschen mit europäischem, asiatischem, afrikanischem oder lateinamerikanischem Hintergrund. Zudem verglichen sie auch die Haarstruktur und Auswirkungen von äußeren Schäden etwa durch UV-Licht oder Färbemittel aufs Haar im Alter und leiteten Schutzmöglichkeiten gegen die Alterung ab.

Afrikanische Haare altern später

Es zeigte sich: Tatsächlich variiert der Beginn der Haaralterung je nach Ethnie um mehrere Jahre. Bei hellhäutigen Menschen kaukasischer Abstammung beginnt das Ergrauen demnach im Schnitt schon mit Mitte 30, für Asiaten dagegen eher Ende der 30er-Jahre. Menschen afrikanischer Abstammung ergrauen sogar erst zehn Jahre später als beispielsweise Europäer, im Alter von rund 45 Jahren.

Diese Unterschiede führen die Forscher auf die Melanosomen zurück – die Organellen in den Pigmentzellen, die das Melanin bilden, speichern und transportieren. „Studien haben nahegelegt, dass afrikanische Haarproben größere Melanosomen und eine höhere Melanosomendichte im Vergleich zu Haarproben kaukasischer oder asiatischer Abstammung aufweisen, was ein möglicher Grund für den späteren Beginn des Ergrauens bei afrikanischem Haar ist“, erklärt das Forscherteam.

Auch Struktur und Schäden unterscheiden sich

Neben dem Verlust der Haarfarbe konnten die Forscher auch feststellen, dass Menschen europäischer Abstammung ab etwa 50 Jahren weniger dicke und schon ab 35 Jahren weniger dichte Haare haben. Bei asiatischen Menschen verliert das Haar zwischen 40 und 50 Jahren an Dicke und Dichte, wobei sie natürlicherweise weniger Haare haben. Die Haardichte afrikanischer Menschen ist meist noch geringer und nimmt im Alter vermehrt durch Haarbrüche ab, so die Forscher.

Die höhere Brüchigkeit der afrikanischen Haare hängt laut Maymone und ihren Kollegen damit zusammen, dass diese Haare aus weniger Keratinschichten bestehen. „Darüber hinaus wird die Verknotung der Haarfaser vorwiegend bei afrikanischem Haar beobachtet, da es enge Locken und häufige Verdrehungen aufweist, was zu erhöhter Brüchigkeit führt“, ergänzen die Forscher.

Außerdem fiel auf, dass bei Afroamerikanern im Alter häufig Schäden an der Haarwurzel auftreten, während es bei hellhäutigen Menschen und Asiaten typischerweise eher zu Schäden am äußeren Haarende kommt. Das konnten die Wissenschaftler zumindest bei Asiaten auf ihre höhere Zahl an Lipiden zurückführen. „Haarlipide fungieren als Barriere gegen äußere Verletzungen“, erklären sie.

Haarpflege an Merkmale anpassen

Typischerweise werden die Haare von Menschen aller Ethnien oft mit chemischen Haarwaschmitteln, Hitze und Färbemittel behandelt. „Wie das Haar auf äußere Schäden reagiert, ist jedoch von Ethnie zu Ethnie unterschiedlich“, betonen die Forscher mit Blick auf ihre Ergebnisse. Während also etwa asiatisches Haar widerstandsfähiger ist, wird afrikanisches Haar dadurch sehr strapaziert.

Dieses Wissen kann hinsichtlich der Haarpflege und des Schutzes vor einer frühzeitigen Brüchigkeit und Alterung nützlich sein. „Ein gründliches Verständnis der einzigartigen Merkmale der Haaralterung bei verschiedenen Rassen und Ethnien ist für den angemessenen Umgang mit älteren Menschen unerlässlich“, so Vashi abschließend. (Journal of Clinical and Aesthetic Dermatology, 2021, doi: 2021-01/buso-had012121.php)

Quelle: Boston University School of Medicine

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