Viel zu trocken war es in den letzten Jahren in Deutschland. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes fiel im Frühjahr 2020 beispielsweise nur die Hälfte der normalen Regenmenge. Damit geht dieser Zeitraum als sechsttrockenstes Frühjahr in die Chronik der Wetteraufzeichnungen ein. Auch der Frühling 2021 brachte keinen durchschnittlichen Niederschlag – insgesamt fiel diese Jahreszeit bereits zum achten Mal in Folge zu trocken aus, so das Umweltbundesamt. Die Trockenheit betrifft nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Städte: Bäume vertrocknen angesichts der Dürre, wenn sie nicht ausreichend gegossen werden, Parks als grüne Lungen urbanen Lebens verdorren, die Städte überhitzen.
Begradigt, kanalisiert, trockengelegt
Wasser war schon immer ein Gestaltungsmerkmal in Städten. Bereits die ersten Ansiedlungen entstanden an Ufern großer Gewässer oder in der Nähe von Quellen. Damals wurden diese Wasserquellen für viele Aspekte des täglichen Lebens und für die Arbeit gebraucht. Nach und nach wurden die natürlichen Wasserflächen an die Gegebenheiten und Bedürfnisse angepasst – sie wurden kanalisiert, begradigt oder Wasser wurde unter der Erde durch Röhren geleitet. In die Flüsse wurde Abwasser geleitet, worunter die Wasserqualität litt und auch noch leidet. Gleichzeitig legten die Städter Feuchtgebiete und Seen trocken. Überall in Deutschland gibt es Initiativen, die versuchen, Sünden der Vergangenheit zu beseitigen und neue Flächen in den Städten zu schaffen, um ein Stück Natur in die Metropolen zurückzuholen und dem Klimawandel zu begegnen. Anders als früher gilt Stadtgrün Bürgern als sehr wichtig, weil es mehr Lebensqualität bedeutet. Grüne Städte bieten mehr Erholungswert und sorgen für ein gesundes, lokales Klima. Ohne Wasser jedoch kann es keine grün-konzipierten urbanen Lebensräume geben.
Stadtbäume sterben
Angesichts des Klimawandels müssen Städte grüner werden, darüber besteht wohl Konsens. Nicht nur zur Regulierung des Mikroklimas, sondern auch, um mehr Wasser zu speichern. Nicht nur lange Trockenperioden machen den Städten zu schaffen, auch vermehrter Starkregen setzt mehr und mehr Unterführungen, Keller und Straßen unter Wasser. Naturnahe Räume in urbanen Zentren helfen auch, das Wasser bei Starkregen zu speichern. Insbesondere die Bedeutung von Stadtbäumen ist nicht von der Hand zu weisen. Nicht nur, dass diese Emissionen filtern und Lebensraum für Vögel bieten; sie leisten auch einen erheblichen Beitrag zur Kühlung durch Verdunstung und Schattenwurf. Gerade junge Bäume benötigen noch vergleichsweise viel Wasser, weil ihre Wurzeln noch nicht so tief sind, um vom Grundwasserspiegel zu profitieren. Nicht zuletzt kommen in vielen Städten und Kommunen mittlerweile Gießringe oder Baumbewässerungsbeutel zum Einsatz, um eine drohende Austrocknung zu verhindern. Hinzu kommen zahlreiche Aktionen, bei denen sich Bürger für den Erhalt der Stadt- und Straßenbäume einsetzen. In Frankfurt zum Beispiel vertrocknen mehr und mehr Stadtbäume, so dass die Stadt kaum mit dem Fällen hinterher kommt. Schuld daran seien zu trockene Sommer. Dabei verdorren die Bäume nicht einfach nur – das fehlende Wasser macht sie außerdem anfälliger für Pilze und Parasiten. Die Zahlen aus der Main-Metropole sind erschreckend: Wurden vor ein paar Jahren durchschnittlich rund 2000 bis 2500 Bäume in der Stadt gefällt, waren es im Jahr 2020 4500 bis 5000.
Auswirkungen des Klimawandels minimieren
Wasser ist außerdem von immenser Bedeutung bei der Stadtgestaltung. In Städten mit viel Wasser halten sich Menschen gern auf. Mit umsichtigen Planungen lassen sich auch entsprechende Maßnahmen für mehr Klimaschutz umsetzen. Dazu gehören zum Beispiel temperaturregulierende Wasserflächen, aber auch Puffer- und Speicherräume, die dazu dienen Starkregen zurückzuhalten und Grünflächen sollten mit Wasserachsen vernetzt werden. Als zukunftsweisend wird auch die Gestaltung urbaner Landschaften angesehen, die mit Regenwasser bewirtschaftet werden. Solche Maßnahmen können dazu beitragen, die Auswirkungen des Klimawandels zu minimieren. Zum Beispiel können Grün- und Wasserflächen dazu beitragen, die städtische Kanalisation nicht zu überfordern und tragen in diesem Zusammenhang auch dazu bei, dass weniger Straßen überflutet werden und Keller volllaufen.
Diese Auffassung vertritt unter anderem die Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ und das Bundesland Nordrhein-Westfalen. Die Kommunen der Emscher-Region und das Bundesland haben sich mit dieser Aktion zu gemeinsamem Handeln bekannt. Ziel ist eine nachhaltige und zukunftsfähige Stadtentwicklung in der Region. Der Fokus liegt nicht nur auf Anforderungen, die sich aus dem demografischen Wandel ergeben, sondern auch auf Maßnahmen zur Klimawandelanpassung.
Verdunstungsrate soll gesteigert werden
Der Maßnahmenplan sieht unter anderem vor, mit dem „Blick auf die Bedeutung von Wasser für heutige und künftige Generationen regionsweit gemeinsam“ zu handeln. Laut Plan soll 25 Prozent versiegelter Fläche bis 2040 aufgebrochen werden, gleichzeitig soll sich bis ebenfalls 2040 die Verdunstungsrate in den Städten um zehn Prozent steigern. Einige Projekte sind bereits in vollem Gange. Zum Beispiel eine Wohnumfeldverbesserung bei einem Mehrgenerationenquartier in Essen durch Regenwassermanagement. 60 Prozent der etwa drei Hektar großen Fläche sind in diese Form der naturnahen Wasserbewirtschaftung integriert worden. Damit gelangen rund 12240 Kubikmeter weniger Wasser jährlich in die Kanalisation. Ein anderes Projekt ist der Schildepark in Bad Hersfeld: Ein altes Industriegelände, das zu einem öffentlichen Park mit freigelegtem Gewässer umgestaltet wurde. Damit soll Bürgern nicht nur eine naturnahe Freizeitfläche gebieten, sondern auch das Hochwassermanagement verbessert werden. Ufernahe Terrassen verbinden das jetzt naturnahe und offene Flüsschen Geis mit einem Wasserspielplatz und dem fast 400 Quadratmeter großen Wassertisch. Wasser ist hier zu einem verbindenden und zentralen Element geworden.
Stiftung kümmert sich um Aufklärung
Die Zahl der Stadtbewohner wird in den nächsten Jahrzehnten weiter steigen. Eine große Herausforderung, auch, um ein ökologisches Gleichgewicht herzustellen und zu bewahren. Nach Ansicht der Stiftung DIE GRÜNE STADT muss das Bewusstsein von Entscheidungsträgern und Bürgern, was die gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung von Grün angeht, geschärft werden. Dafür setzt sich die Stiftung ein und bringt in diesem Zusammenhang auch das Thema Wasser ins Spiel. Die ökologische Bedeutung von Wasser im Stadtraum sei groß, weil sich Wasser positiv auf das lokale Klima auswirke, genauso wie auf das Wohlbefinden der Städter. Auch die Bewältigung von zunehmendem Starkregen, wie er durch die Klimaveränderung zu erwarten sei, stelle die Gesellschaft vor neue Aufgaben. Deshalb: Künftiges Wassermanagement in den Städten muss nachhaltig sein, so lautet das Credo.
Lebensqualität für Flora und Fauna
Das Element Wasser trägt dazu bei, öffentliche Lebensräume aufzuwerten und attraktiver zu machen. Und das nicht nur für den Menschen, sondern auch für Flora und Fauna. Auch für mehr Lebensqualität von Tieren und Pflanzen in Städten rückt Wasser vermehrt in den Fokus, die Bedeutung von Gewässern und Ufern als ökologische Rückzugsräume gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Aus diesem Grund wird sowohl Renaturierung als auch Schutz naturnaher Areale als bedeutsame Elemente nachhaltiger Stadtentwicklung begriffen. Naturnahe Bereiche lassen sich sogar in kleinem Raumen über Dach- und Fassadenbegrünung schaffen.
Null Regenwasser in die Kanalisation
Schon 2006 wurde der Stadtteil Scharnhauser Park in Ostfildern mit dem Deutschen Städtebaupreis ausgezeichnet, drei Jahre später entstand dort der „Blaue Garten“. Das Besondere: Hier darf kein Regenwasser in die Kanalisation gelangen. Das Konzept für die Oberflächenentwässerung sah unter anderem einen Dachgarten vor, von dem überschüssiges Wasser über eine Rohrleitung in einen Regenerationsteich fließt. Über eine Pumpe wieder das Wasser zurück zu einem Quellestein auf dem Dachgarten geführt und dort von den Pflanzen aufgenommen. Auch Freiburg hat sich über Regenwassermanagement Gedanken gemacht: Auf einem 39 Hektar großen Gelände ist in der jüngeren Vergangenheit ein Quartier gewachsen, in dem viele durchlässige Fugen und begrünte Flächen Niederschläge versickern lassen. Und in Lübeck ist man bereits seit 2001 mit der „Null-Abwasser-Siedlung“ dabei. Hier versickern Niederschläge in Mulden, Abwasser aus Waschbecken werden in einer Schilfkläranlage wieder aufbereitet und mit dem Wasser aus Toiletten wird eine Biogasanlage betrieben.