Paläontologie

Australien: Größter Raubsaurier der Trias war keiner

220 Millionen Jahre Fußspuren stammen wahrscheinlich von einem Pflanzenfresser

Dinosaurier
Vierbeinige Pflanzenfresser statt zweibeinige Raubsaurier: InAustralien gefundenen Fußabdrücke aus der Trias wurden bisher falsch interpretiert. © Anthony Romilio

Falsch interpretiert: Die Fußspuren des vermeintlich größten und ältesten Raubsauriers Australiens stammen in Wirklichkeit von einem weit kleineren, pflanzenfressenden Urzeit-Reptil, wie eine Neuanalyse der Abdrücke enthüllt. Demnach stimmen die 220 Millionen Jahre alten, dreizehigen Fußabdrücke nicht mit einem Fleischfresser überein, sondern zeigen Merkmale eines vierbeinig laufenden Pflanzenfressers. Aber immerhin: Diese Abdrücke wären damit der älteste Beleg für diese Sauropodomorpha in Australien.

Dinosaurier und ihre Vorfahren haben nicht nur ihre versteinerten Knochen hinterlassen – auch Fußabdrücke zeugen von ihrer einstigen Präsenz. Solche Dinosaurier-Fußspuren verraten nicht nur, welche Arten dort einst entlangliefen, oft geben sie auch wertvolle Einblicke in Verhalten und Lebensweise der Urzeit-Echsen. So belegen Abdrücke in Alaska, dass die Dinosaurier selbst jenseits des Polarkreises vorkamen und zwischen den Kontinenten wechselten. Spuren in England haben sogar Details von Schuppen und Haut konserviert. Und Abdrücke im deutschen Münchehagen könnten von Mutter und Kind stammen.

Abdruck
3D-Bild des einzigen verbliebenen Gipsabdrucks aus der Rhondda-Mine. © Anthony Romilio

Abdrücke in der Decke eines Kohlestollens

In Australien sind Fußabdrücke die einzigen Zeugnisse, die von der Präsenz der Dinosaurier schon im Zeitalter der Trias zeugen. Dino-Fossilien aus dieser vor 200 Millionen Jahren endenden Ära gibt es dort nicht. Das Problem jedoch: Die triassischen Saurier-Abdrücke bestehen nur aus wenigen Fußstapfen, die vor mehr als 50 Jahren von Bergleuten in zwei Kohlebergwerken in Queensland entdeckt wurden. Fachleute zeichneten die Spuren damals zwar ab, aber nur ein einziger Gipsabdruck ist heute noch erhalten. Die Spuren selbst sind lange zerstört.

Eine dieser Spuren besteht aus drei Abdrücken, die 1964 an der Decke eines gut 200 Meter unter der Erde liegenden Stollens im Rhondda-Bergwerk zutage traten. „Es muss für die Bergleute der 1960er ein ziemlich seltsamer Anblick gewesen sein, als sie diese großen, vogelähnlichen Spuren die Decke entlang ziehen sahen“, sagt Erstautor Anthony Romilio von der Universität of Queensland in Brisbane. Datierungen zufolge stammen diese Spuren aus der Zeit vor rund 220 Millionen Jahren und damit der späten Trias.-

Als Theropoden-Abrücke interpretiert

Aufgrund ihrer dreizehigen Form und ihrer Größe von gut 40 Zentimetern galten die Abdrücke aus Rhondda bisher als Hinterlassenschaft eines großen, zweibeinige laufenden Raubsauriers. „Jahrelang war man der Ansicht, dass diese Spuren von einem Theropoden aus der Gruppe der Eubrontes gemacht wurden, dessen Beine mindestens zwei Meter lang waren“, sagt Romilio. „Das war eine Sensation, denn weltweit war kein anderer fleischfressender Dinosaurier dieser Größe aus der Trias bekannt.“

Das Problem jedoch: Weil die ursprünglichen Spuren beim Kohleabbau zerstört wurden, hatten die meisten Paläontologen für ihre Bewertung der Abdrücke nur Zeichnungen und unscharfe Fotos zur Verfügung. Daher gingen die Interpretationen der Größe und der Kernmerkmale teilweise deutlich auseinander. Um mehr Klarheit zu schaffen, haben sich Romilio und sein Team Zeichnungen, Fotos und den einzigen erhaltenen Gipsabdruck einer dieser Abdrücke noch einmal genauer angeschaut.

Form und Größe falsch interpretiert

Die Neuanalyse enthüllte: Frühere Forscher hatten die Klauen irrtümlich mit zur Fußlänge dazu gerechnet. Zieht man jedoch diese ab, sind die Abdrücke nur noch 34 Zentimeter lang und 32 Zentimeter breit. Zusammen mit dem in historischen Aufzeichnungen dokumentierten Abstand der einzelnen Spuren legt dies nahe, dass der Urheber dieser Spuren nur rund 1,36 Meter lange Beine hatte statt der bisher angenommenen zwei Meter.

Hin zu kommt: Mit der geringeren Länge der Abdrücke verändert sich auch das Länge-Breite-Verhältnis entscheidend – es liegt nur bei 1,06, wie Romilio und seine Kollegen berichten. Damit aber weichen die Abdrücke auch in der Form deutlich von den Eubrontes-Spuren ab, deren Länge-Breite-Verhältnis typischerweise bei 1,4 bis 1,5 liegt. Weitere Unstimmigkeiten sind eine Innendrehung der Stapfen und Details der Zehenabdrücke, die nach Angaben der Paläontologen ebenfalls nicht zu Eubrontes passen.

Pflanzenfresser statt Raubsaurier

Wer aber hat dann diese Fußspuren hinterlassen? Nach Ansicht von Romillio und seinem Team stammen die Abdrücke nicht von einem fleischfressenden Theropoden, sondern wahrscheinlich von einem pflanzenfressenden Dinosaurier des Trias. „Je mehr wir uns die Spuren und Zeheneindrücke anschauten, desto weniger ähnelten sie den Spuren von Raubsauriern“, sagt Koautor Hendrik Klein vom Paläontologischen Museum Saurierwelt in Neumarkt.

Die Forscher schätzen, dass die Spuren von einem rund 1,40 Meter hohen und sechs Meter langen Vertreter der Sauropodomorpha gemacht wurden. Diese Pflanzenfresser der Trias waren die Vorläufer der später riesenhaften Langhalssaurier, der Sauropoden. Die als Evazoum bezeichneten Abdrücke solcher frühen Sauropoden-Vorläufer sind ähnlich eingedreht und stimmen auch in der Form gut überein, wie Romilio und seine Kollegen erklären.

Frühester Nachweis der Sauropodomorpha in Australien

Sollte sich dies bestätigen, hätte dies zwei paläontologische Konsequenzen: Zum einen ist damit wieder völlig offen, ob es in der Trias überhaupt schon fleischfressende Theropoden in Australien gab. Zum anderen aber wären dann die Fußabdrücke von Rhondda die ältesten Zeugnisse eines Sauropodomorpha in Australien. „Dies ist der früheste Beleg für diese Art von Dinosauriern in Australien“, sagt Romilio. „Die nächstältesten Fossilien von vierbeinigen Sauropoden sind rund 50 Millionen Jahre jünger.“ (Historical Biology, 2021; doi: 10.1080/08912963.2021.1984447)

Quelle: Taylor & Francis Group

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